Supraleiter als Proteindetektor
Nanodrähte weisen Proteinionen mit extrem hoher Effizienz nach.
Einem internationalen Forschungsteam rund um Quantenphysiker Markus Arndt von der Universität Wien ist eine bahnbrechende Entwicklung im Bereich der Detektion von Proteinionen gelungen: Supraleitende Nanodrahtdetektoren erreichen aufgrund ihrer hohen Energieempfindlichkeit eine fast einhundertprozentige Quantenausbeute und übertreffen Nachweiseffizienz von herkömmlichen Ionendetektoren bei kleinen Energien um das Eintausendfache. Im Gegensatz zu herkömmlichen Detektoren können sie die einfliegenden Makromoleküle auch nach Aufprallenergie unterscheiden. Dies ermöglicht eine empfindlichere Detektion von Proteinen und zusätzliche Information in der Massenspektrometrie.
Der Nachweis, die Identifizierung und die Analyse von komplexen Molekülen sind für verschiedene Bereiche der Biowissenschaften wie etwa der Proteinforschung, Diagnostik oder Analyse extrem wichtig. Als Nachweissystem wird oft die Massenspektrometrie eingesetzt – eine Methode, die Ionen üblicherweise nach ihrem Masse-zu-Ladung-Verhältnis trennt und über einen Detektor die Intensität der dort erzeugten Signale misst. Dies gibt Auskunft über die relative Häufigkeit der verschiedenen Ionenarten und damit über die Zusammensetzung der Probe. Mit herkömmlichen und bisher eingesetzten Detektoren konnten eine hohe Nachweiseffizienz und räumliche Auflösung jedoch nur für Teilchen mit hoher Aufprallenergie erzielt werden – Abhilfe für diese Limitierung schaffte nun das Forschungsteam mit dem Einsatz von supraleitenden Nanodrahtdetektoren.
Das europäische Konsortium unter Koordination der Universität Wien, mit Partnern in Delft (Single Quantum), Lausanne (EPFL), Almere (MSVision) und an der Universität Basel, demonstriert erstmals die Anwendung supraleitender Nanodrähte als hervorragende Detektoren für Proteinstrahlen in der Quadrupol-Massenspektrometrie. „Wenn wir anstatt herkömmlicher Detektoren nun supraleitende Nanodrähte einsetzen, dann können wir sogar Teilchen identifizieren, die mit niedriger kinetischer Energie auf den Detektor eintreffen“, erklärt Projektleiter Markus Arndt von der Quantennanophysik-Gruppe der Universität Wien. Möglich wird dies durch die Supraleitfähigkeit der Nanodrahtdetektoren.
Die Anregung der supraleitenden Nanodrähte durch eintreffende Ionen bewirkt eine Rückkehr zum normalleitenden Zustand. Die Änderung der elektrischen Eigenschaften der Nanodrähte bei diesem Übergang wird als Detektionssignal interpretiert. „Mit den verwendeten Nanodrahtdetektoren“, so Marcel Strauß, „nutzen wir den Quantenübergang vom supra- zum normalleitenden Zustand und können so herkömmliche Ionendetektoren in ihrer Nachweisleistung um bis zu drei Größenordnungen übertreffen.“
Tatsächlich weisen Nanodrahtdetektoren eine bemerkenswerte Quantenausbeute bei außergewöhnlich niedrigen Aufprallenergien auf – und definieren die Möglichkeiten herkömmlicher Detektoren neu: „Darüber hinaus kann so ein Quantensensor die Moleküle nicht nur nach ihrem Masse-zu-Ladung-Zustand unterscheiden, sondern auch nach ihrer kinetischen Energie klassifizieren. Dies verbessert die Detektion und erlaubt uns auch die räumliche Auflösung der Detektoren zu verbessern“, so Marcel Strauß. Nanodrahtdetektoren können neue Anwendungen in der Massenspektrometrie, Molekülspektroskopie, Moleküldeflektometrie oder Quanteninterferometrie von Molekülen finden, wo eine hohe Effizienz und gute Auflösung gerade bei kleiner Impact-Energie erforderlich ist.
U. Wien / JOL