Supraleiter-Garn aus Magnesiumdiborid
Stabil und hochflexibel bleiben die Fasern selbst verknotet supraleitend.
Nur mit viel Aufwand lassen sich keramische Hochtemperatur-Supraleiter zu nutzbaren Kabelverbindungen verarbeiten. Diese werden in Nischenbereichen etwa für Stromdurchführungen von Fusionsreaktoren genutzt. Viel leichter, flexibler und zugleich stabiler könnten in Zukunft Garne auf der Basis des Supraleiters Magnesiumdiborid werden. An der University of Texas in Dallas entwickelte dazu die Arbeitsgruppe um Anvar Zakhidov ein neues Fertigungsverfahren.
Abb.: Bündel aus Kohlenstoffnanoröhrchen mit einer Beschichtung aus dem Supraleiter Magnesiumdiborid. (Bild: Bykova et al. / Wiley-VCH)
Die Basis für die supraleitenden Garne bildeten mehrwandige Röhrchen aus Kohlenstoff. Diese bieten neben der überragenden elektrischen Leitfähigkeit eine sehr hohe Stabilität. Daher ließen Zakhidov und Kollegen in einem ersten Schritt Nanoröhrchen aus der Dampfphase in hoher Dichte senkrecht nebeneinander auf einer geeigneten Unterlage wachsen. Diesen Röhrchenwald setzten sie in einem photothermischen Reaktor einer Atmosphäre aus Borbromid und Wasserstoff aus. Dabei zersetzte sich das Borbromid und die Nanoröhrchen konnten mit einer gleichmäßigen Bor-Schicht überzogen werden.
Diese beschichteten Nanoröhrchen verdrillten die Forscher zu flexiblen und zugleich hochfesten Fäden mit Durchmessern zwischen 50 und 100 Nanometern. Untersuchungen mit einem Transmissions-Elektronenmikroskop zeigten eine ausgeprägte polykristalline Morphologie dieser Fäden. Danach legte Zakhidov die Fäden in eine Quartzröhre. In dieser wurden sie eine knappe Stunde bei 900 Grad einer Magnesium-Atmosphäre ausgesetzt. Die Bor-Hülle der Nanoröhrchen reagierte mit dem Leichtmetalldampf und es bildete sich eine Beschichtung aus dem Supraleiter Magnesiumdiborid. Diese Nanofasern bestanden – wie Mikroskopanalysen zeigten – aus zahlreichen miteinander verknüpften Nanokristallen.
Um die physikalischen Eigenschaften dieser Fasern zu überprüfen, fertigten die Wissenschaftler 50 bis 250 Mikrometer kurze Garne, die ausgesprochen porös aufgebaut waren und so eine geringe Dichte von nur 124 Gramm pro Liter aufwiesen. Damit waren sie erheblich leichter als alle anderen Magnesiumdiborid-Drähte, die bisher etwa mit einem Kern aus Wolfram produziert werden konnten. Widerstandsmessungen zeigten, dass bei einer Kühlung auf 34,3 Kelvin die neuen, flexiblen Garne in den supraleitenden Zustand wechselten. Dieser blieb auch nach vielfachem Verdrehen und sogar bei verknoteten Garnen erhalten.
Abb.: Selbst verknotet blieb bei entsprechender Kühlung die widerstandslose Supraleitung der neuen Garne erhalten. (Bild: Bykova et al. / Wiley-VCH)
Mit dieser Methode gelang es, die bisher offenbar leichtesten, flexiblen und dennoch hoch stabilen Supraleiter-Garne zu produzieren, die prinzipiell sogar in Textilien eingewoben werden könnten. Allerdings liegt deren Sprungtemperatur mit 34,3 Kelvin deutlich niedriger als bei bereits technisch genutzten Kabeln auf der Basis von keramischen Supraleitern, die günstig mit flüssigem Stickstoff statt mit flüssigem Helium gekühlt werden können. Dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass Magnesiumdiborid-Garne für spezielle Anwendungen und für grundlegende Forschungsarbeiten in Zukunft genutzt werden könnten.
Jan Oliver Löfken
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