Supraleiter mit variabler Sprungtemperatur
Bei Molybdändisulfid bestimmt die Schichtdicke über den Übergang in den supraleitenden Zustand.
Molybdändisulfid ist ein seltsamer Supraleiter. Um elektrischen Strom ohne Widerstand leiten zu können, muss das ähnlich wie Graphit geschichtete Material nicht nur auf unter zwölf Kelvin gekühlt werden. Zusätzlich benötigt es eine Schaltspannung, die in einem Aufbau ähnlich wie bei einem Transistor über eine Gate-Elektrode fließen kann. An der Uni Genf untersuchte nun ein Forscherteam um Alberto Morpurgo, wie sich diese Eigenschaften bei extrem dünnen Schichten aus Molybdändisulfid verändern. Zu ihrer Überraschung zeigen Monolagen sogar eine signifikant tiefere Sprungtemperatur.
Abb.: Mikroskopaufnahme eines supraleitenden Transistors mit extrem dünnen Schichten aus Molybdändisulfid. (Bild: A. F. Morpurgo et al., U. Genf)
Für ihre Versuche schälten Morpurgo und Kollegen ein- und mehrlagige Schichten aus Molybdändisulfid von einem größeren Materialblock mit einem in der Graphen-Forschung etablierten Exfoliationsverfahren ab. An diese Proben hefteten sie Elektroden und erhielten einen transistorähnlichen Aufbau. Floss nun ein elektrischer Strom durch eine Elektrode, wandelten sich die Molybdändisulfid-Schichten von einem Isolator in einen elektrischen Leiter mit hohen Elektronendichten von bis zu 1014 pro Quadratzentimeter. Tiefgekühlt auf unter zwölf Kelvin ging das unter Spannung gesetzte Material in den supraleitenden Zustand über.
Dieses bekannte Verhalten konnten die Forscher bis zu dünnen Schichten aus zwei Lagen Molybdändisulfid bestätigen. Für die nur noch einen Nanometer dünne Monolage jedoch sackte die Sprungtemperatur auf zwei Kelvin ab. Die Ursache dafür konnten Morpurgo und Kollegen noch nicht eindeutig ausmachen. Aber sie gehen davon aus, dass die stärkere Coulomb-Abstoßung der negativ geladenen Elektronen in den einlagigen Schicht eine wichtige Rolle bei dem Phänomen spielte. Die bei der Monolage deutlich niedrigere relative dielektrische Konstante – sie beträgt hier 4, im Festkörper 12 – unterstützt diese Annahme. Doch auch thermische Fluktuationen im zweidimensionalen Molybdändisulfid könnten einen Einfluss haben.
„Mit seiner Gate-induzierten Supraleitung zeigt Molybdändisulfid, dass eine neue Ära der elektronischen Materialen begonnen hat“, sagt Morpurgo. So könnten nun Module mit einer elektrisch schaltbaren Supraleitung entwickelt werden. Auch neuartige Transistoren auf Basis dieses Effekts sind vorstellbar. Der Unterschied in der Sprungtemperatur zwischen einer Monolage und dickeren Schichten ließe sich dabei für zusätzliche Schaltvarianten nutzen.
Jan Oliver Löfken
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RK