Supraleitung unter Hochdruck
Ein Alkali-dotiertes Fullerid zeigt unter hohem Druck lichtinduzierte Supraleitung.
In der Vergangenheit haben Wissenschaftler der Arbeitsgruppe von Andrea Cavalleri am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg mehrfach intensive Laserpulse genutzt, um verschiedene Klassen von Supraleitern zu stimulieren. Unter bestimmten Bedingungen erbrachten sie dabei Beweise für Supraleitung bei ungewöhnlich hohen Temperaturen, obwohl dieser Zustand stets nur für den Bruchteil von Sekunden kurzlebig war. Ein wichtiges Beispiel für diesen Effekt ist K3C60, ein aus schwach wechselwirkenden C60-Molekülen gebildeter organischer Molekülkristall, der im Gleichgewicht unterhalb der Sprungtemperatur von -250°C supraleitend ist. Bereits vor zwei Jahren zeigte sich, dass maßgeschneiderte Laserpulse, die Schwingungen der C60-Moleküle anregen, einen kurzlebigen Zustand hoher Leitfähigkeit mit Eigenschaften gleich denen eines Supraleiters induzieren. Dieser Effekt war bis hinauf zu Temperaturen von -170°C – weit oberhalb der Sprungtemperatur – zu beobachten.
Abb.: Die lichtinduzierte Supraleitung in K3C60 wurde unter hohem Druck in einer Diamant-Ambosszelle untersucht. (Bild: J. Harms, MPSD)
Nun gingen die Physiker einen entscheidenden Schritt weiter und betrachteten den lichtinduzierten Zustand in K3C60, während mechanischer Druck unter Verwendung einer Diamant-Ambosszelle angelegt wurde. Im Gleichgewicht sorgt dieser Druck für eine Reduzierung der Abstände der C60-Moleküle, wodurch der supraleitende Zustand des Kalium-dotierten Fullerids geschwächt und die kritische Temperatur deutlich gesenkt wird. „Zu verstehen, ob in K3C60 der lichtinduzierte Zustand in gleicher Form reagiert wie der Gleichgewichts-Supraleiter, ist ein entscheidender Schritt, um eindeutig die Natur dieses Zustandes zu bestimmen und kann neue Hinweise zum physikalischen Mechanismus hinter der lichtinduzierten Hochtemperatur-Supraleitung liefern“, sagt Alice Cantaluppi.
Der mit Licht angeregte K3C60 Fullerid wurde systematisch in einer Spanne vom umgebenden Normaldruck bis zu 2.5 Gigapascal untersucht. Die Forscher beobachteten eine starke Reduzierung der Photoleitfähigkeit mit zunehmendem Druck. Dieses Verhalten ist sehr verschieden von dem eines gewöhnlichen Metalls, aber im Einklang mit der Phänomenologie eines Supraleiters und steht daher für die erste eindeutige Interpretation des lichtinduzierten Zustands in K3C60 als transiente supraleitende Phase. Wir beobachteten, dass wir bei stärkerer optischer Anregung einen transienten Supraleiter auch bei Temperaturen weit oberhalb der zuvor bestimmten -170°C erreichten, sogar bis hinauf zur Zimmertemperatur“, sagt Michele Buzzi.
Eine universelle Beschreibung des physikalischen Mechanismus hinter dem Phänomen der lichtinduzierten Hochtemperatur-Supraleitung in K3C60 fehlt jedoch noch, und das ultimative Ziel eines bei Raumtemperatur stabilen Supraleiters ist immer noch nicht greifbar. Nichtsdestotrotz soll der neuartige Ansatz, der die optische Anregung mit der Anwendung anderer externer Stimuli wie zum Beispiel mechanischen Drucks oder magnetischer Felder, vereint, den Weg in diese Richtung ebnen.
MPSD / JOL