Vergangenes Jahr erreichte die Photovoltaik einen wichtigen Meilenstein: Die weltweit installierte elektrische Leistung überstieg den magischen Wert von einem Terawatt. „Das entspricht ungefähr eintausend Atomkraftwerken“, erläutert Jan Christoph Goldschmidt von der Uni Marburg. Wieviel Photovoltaik-Leistung in Zukunft für einen kosteneffizienten Klimaschutz und zur Deckung der Energiebedürfnisse der Menschheit notwendig ist, hat jüngst eine internationale Forschungsgruppe, an der der Physiker beteiligt ist, vorgerechnet: Bis zum Jahr 2050 könnten 75 TW installiert sein. „Die Photovoltaik leistet dann den größten Beitrag zur Energieversorgung und um den Klimawandel einzudämmen“, sagt Goldschmidt.
Eine Herausforderung, die er und sein Team identifiziert haben, ist es einerseits, langfristig die Energieausbeute zu erhöhen, und anderseits, den Ressourcen- wie auch den Energieverbrauch bei der Produktion von Solarzellen weiter zu reduzieren. Wie eine Solarzelle der Zukunft aussieht, daran forschen Goldschmidt und sein Team an der Uni Marburg.
Klassische Solarzellen funktionieren auf Siliziumbasis. Deren Wirkungsgrad ist physikalisch bedingt auf etwa 29 Prozent beschränkt. Für höhere Wirkungsgrade sind daher andere Materialien, Materialkombinationen sowie neue Zelldesigns oder -konstruktionen gefordert „Die Idee ist hier, zwei verschiedene Solarzellen übereinander zu stapeln“, sagt Goldschmidt. Bei diesen Tandem-Solarzellen wandelt eine klassische Siliziumzelle das langwellige Licht in elektrische Energie um. Der kurzwelligere, sichtbare Anteil, der sonst nicht besonders effizient genutzt wird, wird in einer zweiten Materialschicht in Strom umgewandelt. Besonders geeignet sind hierfür Perowskite. Hierbei handelt es sich um eine Kristallstruktur, die erst seit rund zehn Jahren für Photovoltaik-Anwendungen erforscht wird.
Beim Ressourceneinsatz wollen die Forscher an gleich mehreren Stellschrauben drehen. Wurde bereits in den Jahren 2000 bis 2022 die Siliziummenge pro Megawatt Leistung von 14 auf zwei bis drei Tonnen reduziert, so dürfte sich das mit noch dünneren Siliziumscheiben weiter verringern. Da Silizium im Herstellungsprozess die größte Energiemenge verbraucht, wollen die Forscher gar komplett darauf verzichten.
„Ins Spiel kommen Tandem-Zellen aus zwei verschiedenen Perowskit-Schichten, die wir hier bald herstellen und charakterisieren wollen“, sagt Goldschmidt. Ferner sollen auch seltene und teure Materialien wie Silber für die elektrische Kontaktierung immer weiter verringert und durch Kupfer, Aluminium oder sogar aus Pflanzenreststoffen erzeugtem Kohlenstoff ersetzt werden. Das setzt detaillierte Forschung an Materialproben und -systemen voraus, die der Physiker bald in neuen Labors anstoßen will.
Goldschmidt ist sich sicher, dass in den Tandem-Perowskit-Zellen enormes Potenzial steckt, um den Energiebedarf in Zukunft umweltschonend und das Klima schützend decken zu können. „Jedes Zehntel Grad Celsius weniger Klimaerwärmung zählt, um gravierende Klimafolgen zu vermeiden“, sagt der Forscher. Ein schneller Ausbau der Photovoltaik auf Basis der aktuellen Silizium-Technologie jetzt und die langfristige Entwicklung einer noch effizienteren und ressourcenschonender Solartechnik spielt dabei nach Ansicht des Fachmanns die größte Rolle.
PU Marburg / RK
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