12.04.2023 • EnergiePhotonik

Tandem-Solarzellen ernten doppelten Sonnenstrom

Auf der Suche nach neuen Wegen für die Solarenergie der Zukunft.

Vergangenes Jahr erreichte die Photovoltaik einen wichtigen Meilen­stein: Die weltweit installierte elektrische Leistung überstieg den magischen Wert von einem Terawatt. „Das entspricht ungefähr eintausend Atom­kraft­werken“, erläutert Jan Christoph Goldschmidt von der Uni Marburg. Wieviel Photovoltaik-Leistung in Zukunft für einen kosten­effizienten Klimaschutz und zur Deckung der Energie­bedürfnisse der Menschheit notwendig ist, hat jüngst eine inter­nationale Forschungs­gruppe, an der der Physiker beteiligt ist, vorgerechnet: Bis zum Jahr 2050 könnten 75 TW installiert sein. „Die Photovoltaik leistet dann den größten Beitrag zur Energie­versorgung und um den Klimawandel einzudämmen“, sagt Goldschmidt.

Abb.: Auf dem Dach des Fach­bereichs Physik der Uni Marburg will Jan Christoph...
Abb.: Auf dem Dach des Fach­bereichs Physik der Uni Marburg will Jan Christoph Gold­schmidt in kleinen Mess­appara­turen neue Mate­ri­alien für Solar­zellen testen. (Bild: M. Schäfer, PU Marburg)

Eine Herausforderung, die er und sein Team identi­fiziert haben, ist es einerseits, langfristig die Energie­ausbeute zu erhöhen, und anderseits, den Ressourcen- wie auch den Energie­verbrauch bei der Produktion von Solarzellen weiter zu reduzieren. Wie eine Solarzelle der Zukunft aussieht, daran forschen Goldschmidt und sein Team an der Uni Marburg.

Klassische Solarzellen funktionieren auf Silizium­basis. Deren Wirkungs­grad ist physikalisch bedingt auf etwa 29 Prozent beschränkt. Für höhere Wirkungs­grade sind daher andere Materialien, Material­kombi­nationen sowie neue Zelldesigns oder -konstruk­tionen gefordert „Die Idee ist hier, zwei verschiedene Solarzellen überein­ander zu stapeln“, sagt Goldschmidt. Bei diesen Tandem-Solarzellen wandelt eine klassische Silizium­zelle das lang­wellige Licht in elektrische Energie um. Der kurz­welligere, sichtbare Anteil, der sonst nicht besonders effizient genutzt wird, wird in einer zweiten Material­schicht in Strom umgewandelt. Besonders geeignet sind hierfür Perowskite. Hierbei handelt es sich um eine Kristall­struktur, die erst seit rund zehn Jahren für Photovoltaik-Anwendungen erforscht wird.

Beim Ressourcen­einsatz wollen die Forscher an gleich mehreren Stell­schrauben drehen. Wurde bereits in den Jahren 2000 bis 2022 die Silizium­menge pro Megawatt Leistung von 14 auf zwei bis drei Tonnen reduziert, so dürfte sich das mit noch dünneren Silizium­scheiben weiter verringern. Da Silizium im Herstellungs­prozess die größte Energiemenge verbraucht, wollen die Forscher gar komplett darauf verzichten.

„Ins Spiel kommen Tandem-Zellen aus zwei verschiedenen Perowskit-Schichten, die wir hier bald herstellen und charakte­ri­sieren wollen“, sagt Goldschmidt. Ferner sollen auch seltene und teure Materialien wie Silber für die elektrische Kontaktierung immer weiter verringert und durch Kupfer, Aluminium oder sogar aus Pflanzen­rest­stoffen erzeugtem Kohlenstoff ersetzt werden. Das setzt detaillierte Forschung an Materialproben und -systemen voraus, die der Physiker bald in neuen Labors anstoßen will.

Goldschmidt ist sich sicher, dass in den Tandem-Perowskit-Zellen enormes Potenzial steckt, um den Energie­bedarf in Zukunft umwelt­schonend und das Klima schützend decken zu können. „Jedes Zehntel Grad Celsius weniger Klima­erwärmung zählt, um gravierende Klimafolgen zu vermeiden“, sagt der Forscher. Ein schneller Ausbau der Photovoltaik auf Basis der aktuellen Silizium-Technologie jetzt und die lang­fristige Entwicklung einer noch effi­zien­teren und ressourcen­schonender Solartechnik spielt dabei nach Ansicht des Fachmanns die größte Rolle.

PU Marburg / RK

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