21.10.2011

Tanz die Physik!

Wie das Ballett die Welt der Physik erkundet.

Immer wieder haben sich Künstlerinnen und Künstler mit Themen der Physik befasst, sei es literarisch, musikalisch oder mit den Mitteln der bildenden Kunst. Aber kann man Physik auch tanzen? Durchaus, denn nicht zuletzt erkundet Tanz die Möglichkeiten für Bewegung in Raum und Zeit. Bei den diesjährigen „Internationale Tanzwochen“ in Neuss widmete sich die amerikanische Choreografin Karole Armitage beispielsweise der Relativitätstheorie Einsteins.

Das Werk „Relativity“ ist Teil der Choreografie „Three Theories“ von 2010, für die das Buch „Das elegante Universum“ des theoretischen Physikers und Sachbuchautors Brian Green als Inspirationsquelle gedient hat. Der erste Teil der Tanz-Trilogie widmet sich, ausgehend von den Grundgedanken der Allgemeinen Relativitätstheorie, Krümmungen und Drehungen. Die Tänzerinnen und Tänzer müssen dafür nicht nur ungewöhnliche Figuren tanzen, sondern sich auch in extreme Posen verbiegen. Die beiden anderen Teile der „Three Theories“ drehen sich im wahrsten Sinne des Wortes um die Quantenmechanik und die Stringtheorie.

Abb.: Die Tänzerinnen und Tänzer der Armitage Gone! Dance Company aus New...
Abb.: Die Tänzerinnen und Tänzer der Armitage Gone! Dance Company aus New York erkunden in der Choreografie "Three Theories" die Relativitäts-, Quanten- und Stringtheorie. (Bild: Julieta Cervantes)

Einsteins Theorien waren schon früher Inspiration für ein modernes Ballett. Im Einstein-Jahr 2005 fand in London die Premiere von „Constant Speed“ der renommierten britischen „Rambert Dance Company“ unter Leitung von Mark Baldwin statt, der sich in seiner Choreografie mit der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und der Brownschen Molekularbewegung auseinandersetzt. Die insgesamt 19 Tänzer mussten sich daher auch „wie Pollen im Wasser“ bewegen, begleitet von der Musik des Wiener Operettenkönigs Franz Lehar, einem Zeitgenossen Einsteins. Das Projekt wurde dabei sogar von einem theoretischen Physiker am Imperial College London betreut, Ray Rivers.

Eine noch viel größere thematische Bandbreite entfaltete die amerikanischen Choreographin Liz Lerman mit ihrem Multimedia-Tanztheater „The Matter of Origins“. Die Physik bildet hier nicht nur den Anlass, die Gesetze der Schwerkraft tänzerisch auszuloten, sondern bildet den Rahmen, um zentrale Ereignisse und Projekte bei der Erforschung des Mikro- und Makrokosmos erlebbar zu machen, wie Marie Curies Entdeckung des Radiums, das amerikanische Manhattan-Projekt, und den LHC am Cern.

Lerman kam über den Physiker Gordy Kane, Direktor des Michigan Center for Theoretical Physics, dazu, sich mit den grundlegenden Fragen der Physik, wie sie insbesondere mit dem LHC erforscht werden, zu beschäftigen. Mit Tänzern ihrer Gruppe „Dance Exchange“ erkundete Liz Lerman für einige Woche sogar vor Ort die Räume des Cern. Das führte schließlich zu „The Matter of Origins“, das vom Clarice Smith Performing Arts Center an der University of Maryland und der Montclair State University in Auftrag gegeben wurde, unterstützt von der National Science Foundation der USA. Die Weltpremiere fand im September statt, ab 10. November diesen Jahres ist es in Chicago zu sehen.

Dass sich Physik auch ohne aufwändige Inszenierungen tänzerisch umsetzen lässt, beweist die Diplom-Physikerin und leidenschaftliche Tänzerin Lydia Schulze Heuling. Sie gewann 2007 für ihre Rotationsperformance, in der sie mit vollem Körpereinsatz die Zentrifugalkraft erläuterte, den ersten Preis beim Wettbewerb „Performing Science“ der Justus-Liebig-Universität Gießen. Für sie ist die Kombination von Tanz und Physik nicht nur in der physikalischen Beschreibung von Bewegung begründet. „Es gibt auch viel abstraktere Verknüpfungen. So könnte man auch mal ein Schwarzes Loch tanzen“, ist sie überzeugt.

Alexander Pawlak

 

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