29.12.2020

Terahertz-Konversion leichtgemacht

Beschichtete Graphenstruktur als effektiver Frequenzvervielfacher für Terahertzstrahlen.

Terahertz-Licht bietet enorme Potenziale für die Technik von Morgen: Unter anderem könnte es extrem schnelle Mobilfunk-Verbindungen und WLAN-Netze Wirklichkeit werden lassen, etwa als möglicher Nachfolger des 5G-Mobilfunk­standards. Um den dafür nötigen Übergang vom Gigahertz- in den Terahertz-Frequenz­bereich vollziehen zu können, mangelt es bislang an effizienten Quellen und Konvertern. Ein deutsch-spanisches Forschungs­team mit Beteiligung des HZDR hat nun ein Material­system entwickelt, mit dem sich Terahertz-Pulse deutlich effektiver erzeugen lassen als bisher. Es basiert auf Graphen, das mit einer metallischen Lamellen­struktur beschichtet ist.

 

Abb.: Hauchdünne Gold­lamellen sorgen für eine drastische Verstärkung der...
Abb.: Hauchdünne Gold­lamellen sorgen für eine drastische Verstärkung der eintreffenden Terahertz-Pulse (rot) in der darunter­liegenden Graphen­schicht. (Bild: Werkstatt X / HZDR)

Schon vor einiger Zeit konnten Fachleute am HZDR-Beschleuniger Elbe zeigen, dass Graphen als eine Art Frequenzvervielfacher fungieren kann: Bestrahlt man den zwei­dimensionalen Kohlenstoff mit Lichtpulsen im niedrigen Terahertz-Frequenz­bereich, werden diese zu höheren Frequenzen konvertiert. Das Problem: Bislang waren für eine effiziente Umwandlung extrem intensive Eingangssignale notwendig, für deren Erzeugung es eines ausgewachsenen Teilchen­beschleunigers bedurfte. „Für künftige technische Anwendungen ist das natürlich unpraktisch“, erklärt der Erstautor der Studie, Jan-Christoph Deinert vom Institut für Strahlen­physik am HZDR. „Also suchten wir nach einem Materialsystem, das auch dann funktioniert, wenn wir es weniger heftig bestrahlen, also mit geringeren Feldstärken.“

Dafür haben die HZDR-Wissenschaftler gemeinsam mit ihren Kollegen vom Catalan Institute of Nanoscience and Nanotechnology (ICN2), dem Institute of Photonic Sciences (ICFO), der Universität Bielefeld, der Technischen Universität Berlin und dem Mainzer Max-Planck-Institut für Polymer­forschung eine neue Idee entwickelt: Würde man das Graphen mit winzigen Goldstreifen beschichten, könnte das die Frequenz­konversion enorm verstärken. Denn die Goldlamellen besitzen eine faszinierende Eigenschaft: „Sie wirken wie Antennen, die die ankommende Terahertz-Strahlung im Graphen deutlich verstärken“, erläutert Klaas-Jan Tielrooij vom ICN2, der letztendlich für das Projekt verantwortlich war. „Dadurch treten dort, wo das Graphen zwischen den Lamellen herausguckt, sehr starke Felder auf, und damit wird die Frequenz­wandlung schließlich sehr effizient.“

Um die Idee zu überprüfen, stellten Teammitglieder vom ICN2 in Barcelona die Proben her: Zunächst brachten sie eine einzelne Graphen-Schicht auf einen Glasträger auf. Darauf dampften sie eine hauchdünne Isolations­schicht aus Aluminiumoxid und anschließend ein Gitter aus Goldstreifen auf. Dann wurden die Proben nach Dresden-Rossendorf gebracht, um sie dort an der Terahertz-Anlage Telbe mit Lichtpulsen im niedrigen Terahertz-Bereich (0,3 bis 0,7 Terahertz) zu bestrahlen. Dabei analysierten die Fachleute mit Hilfe von Spezial­detektoren, wie effektiv das mit Goldlamellen beschichtete Graphen die Frequenz der einfallenden Strahlung vervielfachen kann.

„Das hat sehr gut funktioniert“, freut sich Sergey Kovalev, der am HZDR für die Telbe-Anlage verantwortlich ist. „Im Vergleich zu unbehandeltem Graphen genügten deutlich schwächere Eingangs­signale, um ein starkes frequenz­vervielfachtes Signal zu erzeugen.” Bereits ein Zehntel der ursprünglich benötigten Feldstärke reichte aus, um eine Verdreifachung der Frequenz zu beobachten, und bei technisch relevanten kleinen Feldstärken ist die Leistung der konvertierten Terahertz-Pulse dank des neuen Material­systems mehr als tausendmal höher. Je breiter dabei die einzelnen Lamellen und je kleiner die frei­bleibenden Graphen-Flächen waren, umso ausgeprägter zeigte sich das Phänomen. Zunächst konnten die Fachleute die eingehenden Frequenzen verdreifachen. Später gelangen auch größere Sprünge – die Verfünffachung, Versieben­fachung und sogar Verneun­fachung der Eingangs­frequenz.

Das verspricht eine verlockende Perspektive, denn bislang braucht man große komplexe Geräte wie Beschleuniger oder größere Laser für die Erzeugung von Terahertz-Wellen. Mit Hilfe des neuen Material­systems könnte es in Zukunft möglich sein, den Sprung vom Gigahertz- in den Terahertz­bereich auch mit rein elektrischen Eingangs­signalen zu schaffen, also mit deutlich weniger Aufwand. „Unser Graphen-basiertes Metamaterial wäre durchaus kompatibel mit der gängigen Halbleiter-Technologie“, betont Deinert. „Im Prinzip ließe es sich auf gewöhnlichen Chips integrieren.“ Er und sein Team haben die Machbarkeit des neuen Verfahrens belegt – jetzt ist eine Umsetzung in konkrete Baugruppen möglich.

Die möglichen Anwendungen wären weitgefasst: Da Terahertz-Wellen höhere Frequenzen haben als die heute verwendeten Gigahertz-Mobilfunk­frequenzen, ließen sich damit deutlich mehr Daten drahtlos übertragen – aus 5G würde 6G. Aber auch für andere Felder ist der Terahertz-Bereich interessant – von der Qualitäts­kontrolle in der Industrie über Sicherheits-Scanner an Flughäfen bis hin zu vielfältigen wissenschaftlichen Anwendungen etwa in der Material­forschung.

HZDR / DE

 

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