31.05.2023

Terahertz-Laser steuert Kristallgitter

Twist-Bewegung gibt Impulse für die Entwicklung neuartiger Materialien für Solarzellen.

Weltweit wird nach neuartigen Materialien zur Umwandlung von Sonnenlicht in Elektrizität gesucht. Einige der vielver­sprechendsten Kandidaten für kostengünstige und hoch­effiziente Solarzellen basieren auf Blei-Halogenid-Perowskit-Halbleitern. Trotz rekord­verdächtiger Perowskit-Prototypen sind die mikro­skopischen Mechanismen, die für die überraschende optoelektronische Leistungsfähigkeit verantwortlich sind, noch nicht umfassend geklärt. Nun konnten Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler des Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, der École Polytechnique in Paris, der Columbia University in New York und der Freien Universität Berlin die direkte Steuerung der funda­mentalen Bewegungen des LHP-Atomgitters demonstrieren.

Abb.: Eine einzige intensive Licht­schwingung eines Terahertz-Lasers krümmt...
Abb.: Eine einzige intensive Licht­schwingung eines Terahertz-Lasers krümmt das Atomgitter eines hybrid organisch-anor­ganischen Solar­zellen-Materials. (Bild: M. Frenzel, FHI)

Hierfür nutzen die Forschenden ein hoch­intensives elektrisches Feld, welches in schneller als einer Billionstel Sekunde in Form einer einzigen Licht­schwingung von fern-infraroter Terahertz Strahlung angelegt wurde. Damit konnte eine ultraschnelle Reaktion des Kristall­gitters beobachtet werden, welche zu einem mikro­skopischen Schutzmechanismus für elektrische Ladungen beitragen könnte. In Zukunft könnte diese präzise Steuerung der atomaren Twist-Bewegung die Erzeugung von neuen Nicht­gleichgewichts-Material­eigenschaften ermöglichen und dabei wichtige Hinweise für die Entwicklung neuartiger Solarzellen­materialien liefern.

Die untersuchten hybriden Perowskit-Materialien bestehen aus einem anorganischen Kristall­gitter, das als periodisches Gehäuse fungiert um organische Moleküle zu beherbergen. Das Zusammenspiel von freien elektrischen Ladungen mit diesem hybriden Kristallgitter bestimmt, wieviel Elektrizität aus der Energie des Sonnenlichts gewonnen werden kann. Das Verständnis dieser komplizierten Wechselwirkung könnte der Schlüssel zum mikro­skopischen Verständnis der außer­gewöhnlichen opto­elektronischen Leistung von Perowskiten sein.

Forschenden vom Fritz-Haber-Institut in Berlin und ihren internationalen Kollegen ist es nun gelungen die isolierte Kristall­gitter-Antwort auf ein elektrischen Feld, welches schneller als alle 100 Femto­sekunden variiert, zu beobachten. Das elektrische Feld wurde hierfür durch eine einzelne hochintensive Licht­schwingung im ferninfraroten Terahertz-Spektralbereich bereit­gestellt. „Dieses Terahertz-Feld ist so stark und schnell, dass es prinzipiell als Nachahmung des lokalen elektrischen Feldes einer angeregten Ladung, direkt nach Absorption eines Lichtteilchens, angesehen werden kann.“ erklärt Maximilian Frenzel.

Durch diesen neuen Ansatz beobachten die Wissenschaftler eine synchronisierte Bewegung des Kristall­gitters, welche primär aus einer Hin- und Her-Neigung der oktaedrischen Einheiten des anor­ganischen Gitters besteht. Diese nichtlinear angeregten Vibrationen können im Gegenzug zur dynamischen Abschirmung höherer Ordnung führen und somit potentiell zu einem oft diskutierten Ladungsschutz­mechanismus beitragen. „Des Weiteren spielt der zugehörige Neigungswinkel der Oktaeder eine dominante Rolle für die funda­mentalen Material­eigenschaften, wie etwa die kristallographische Phase oder die elektronische Bandlücke“, erläutert Sebastian Maehrlein, Leiter des internationalen Forschungs­projekts.

Hiermit kommt anstelle der statischen chemischen Anpassung von Material­eigenschaften eine ultraschnelle dynamische Material­gestaltung in Reichweite: „Da wir jetzt den oktaedrischen Neigungswinkel mit einer einzelnen Terahertz-Laser-Licht­schwingung präzise modulieren können,“ fasst Maehrlein zusammen, „können wir hoffentlich in Zukunft Materialeigenschaften nach Bedarf steuern oder sogar neuartige exotische Zustände dieser aufstrebenden Material­klasse entdecken“. Mit der Untersuchung solcher dynamischer Materie­zustände hoffen die beteiligten Wissenschaftler Hinweise zum Design der Energie­materialien der Zukunft beizutragen.

FHI / JOL

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