Terahertz-Wellen aus ionisiertem Wasser
Strahlung entsteht während des Lokalisierungsvorgangs der freigesetzten Elektronen.
Wenn man flüssiges Wasser ionisiert, durchläuft das freie Elektron eine Abfolge ultraschneller Prozesse, durch die es Energie verliert und schließlich in einer neuen Umgebung lokalisiert, umgeben von einer Hülle aus Wassermolekülen. Die räumliche Lokalisierung, Solvatationsprozess genannt, ist mit einer Reorientierung von Wassermolekülen verbunden, um die Energie elektrischer Wechselwirkungen zwischen dem Elektron und den dipolaren Wassermolekülen zu minimieren. Das solvatisierte Elektron unterliegt den Gesetzen der Quantenmechanik und weist diskrete Energiezustände auf. Der Lokalisierungsprozess läuft im Zeitbereich unter einer Pikosekunde ab, gefolgt von etwas langsameren Prozessen der Energieumverteilung in der Flüssigkeit.
Forscher des Max-Born-Instituts haben jetzt erstmals Infrarotstrahlung im Terahertzbereich beobachtet, die während des Lokalisierungsvorgangs der Elektronen ausgelöst wird. Die Emission kann bis zu vierzig Pikosekunden andauern, also sehr viel länger als der eigentliche Lokalisationsprozess. Die Frequenz der Strahlung hängt von der Elektronenkonzentration in der Flüssigkeit ab.
Die ausgesandten Terahertz-Wellen sind auf Schwingungen der solvatisierten Elektronen und ihrer Wasserhüllen zurückzuführen. Die Schwingungsfrequenz ist durch das lokale elektrische Feld bestimmt, das die flüssige Umgebung auf das lokalisierte Quantensystem ausübt. Dieses Feld ändert sich, wenn man der Flüssigkeit Elektronen hinzufügt, weshalb die Schwingungsfrequenz von der Elektronenkonzentration abhängt. Sehr überraschend ist die geringe Dämpfung der Oszillationen, ein Verhalten, das auf eine schwache Kopplung an die fluktuierende weitere Wasserumgebung und einen longitudinalen Charakter der Bewegungen von Elektronen und Wassermolekülen hindeutet.
Die neuen experimentellen Ergebnisse werden durch ein theoretisches Modell erklärt, das auf dem Konzept von Polaronen beruht. Das Polaron ist eine elementare Anregung, die in gekoppelten Bewegungen eines Elektrons und der Wasserhülle besteht. Diese Bewegungen gekoppelter Ladungen besitzen Frequenzen im Terahertz-Bereich und führen zur Abstrahlung von Terahertz-Wellen. Die geringe Dämpfung der Schwingungen wird in zukünftigen Experimenten eine Manipulation der abgestrahlten Wellen ermöglichen, etwa durch Wechselwirkung des solvatisierten Elektrons mit einer Abfolge ultrakurzer Lichtimpulse.
MBI / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
A. Ghalgaoui et al.: Terahertz Polaron Oscillations of Electrons Solvated in Liquid Water, Phys. Rev. Lett. 126, 097401 (2021); DOI: 10.1103/PhysRevLett.126.097401 - Nichtlineare Prozesse in kondensierter Materie, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie im Forschungsverbund Berlin e.V.