13.07.2016

Terahertzlicht wirkt auf Supraleiter

Terahertz-Bestrahlung verstärkt Josephson-Plasmawellen in Hochtemperatursupraleitern und könnte zur Stabilisierung fluktuierender Supraleitung beitragen.

Die meisten Systeme in der Natur sind inhärent nichtlinear. Das bedeutet, dass ihre Reaktion auf äußere Anregungen nicht proportional zur Stärke des Auslöseimpulses ist. Nicht­linearitäten beobachtet man beispiels­weise bei makro­skopischen Phänomenen wie etwa dem Fluss von Fluiden wie Wasser und Luft, oder dem Stromfluss in elektronischen Schalt­kreisen. Die Manipulation nicht­linearen Verhaltens ist daher ein interessanter Ansatz, um Kontrolle über verschiedene Prozesse zu erlangen.

Abb.: Josephson-Plasmawelle in einem geschichteten Supraleiter, parametrisch verstärkt durch einen starken Terahertz-Lichtpuls. (Bild: J. M. Harms / MPSD)

Ein inter­nationales Forscher­team um Andrea Cavalleri vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie MPSD in Hamburg hat nun die nicht­lineare Wechsel­wirkung zwischen einem Terahertz-Lichtfeld und einer supra­leitenden Plasmawelle in einem Hoch­temperatur­supraleiter genutzt, um Letztere zu verstärken. Dies führte zu einem kohärenteren Supraleiter, der weniger anfällig für thermische Fluk­tuationen ist. Aufgrund der verlustfreien, supra­leitenden Natur der Plasma­welle öffnet die Studie neue Wege für die Plasmonik, ein Forschungs­gebiet, das sich unter anderem mit der Informations­übermittlung mithilfe von Plasma­wellen befasst. 

Die Dynamik der Ladungs­träger an einem Josephson-Kontakt wird durch die Josephson-Gleichungen bestimmt, welche aussagen, dass der Stromfluss der tunnelnden Cooper-Paare proportional zum Sinus des Phasen­unterschieds zwischen den beiden Supraleitern ist. Wenn an den Josephson-Kontakt eine Spannung angelegt wird, oszilliert der Tunnelstrom zwischen den Supraleitern mit einer Frequenz, die vom Spannungs­abfall abhängt. Der Josephson-Effekt führte nicht nur zu grund­legenden Erkenntnissen in der Physik, sondern auch zu vielen Anwendungen, darunter SQUIDs zur genauen Messung extrem schwacher Magnetfelder. Zu aktuellen Forschungs­themen, die den Josephson-Effekt ausnutzen, gehören die Umsetzung von Qubits für Quanten­computer sowie photonische Bau­elemente im Frequenz­bereich von Gigahertz (GHz) bis Terahertz (THz).

Geschichtete Hoch­temperatur­supra­leiter wie Kuprate – aufgebaut aus sich abwechselnden supra­leitenden und isolierenden Schichten – sind Stapel von Josephson-Kontakten im Nano­maßstab. In diesen Materialien tritt supra­leitender Transport zunächst innerhalb der Kupfer-Sauerstoff-Ebenen auf. Drei­dimensionale Supral­eitung entwickelt sich dann durch Josephson-Tunneln in senkrechter Richtung zu den Ebenen.

Analog zu den Maxwell­gleichungen in der Elektro­dynamik, deren Zeit- und Orts­abhängigkeit zu elektro­magnetischen Wellen führt, führen die Josephson-Beziehungen zu Josephson-Plasmawellen. In Kupraten besitzen diese Wellen Frequenzen im THz-Bereich und können daher mit konven­tioneller THz-Spektro­skopie untersucht werden. Das Team um Andrea Cavalleri verwendete nun THz-Strahlung, um Josephson-Plasma­wellen in mit Barium dotiertem Lanthan-Kupferoxid zu untersuchen. Über die Reflexion eines Abfrage­pulses konnten Sie Schwingungen mit einer Frequenz von etwa einem halben THz nachweisen. „Als wir den Supraleiter mit unseren schwachen Abfrage­pulsen bestrahlten, konnten wir Oszil­lationen des reflek­tierten Feldes mit einer bestimmten Frequenz, der Josephson-Plasma­frequenz, beobachten“, sagt Srivats Rajasekaran, Postdoktorand am MPSD in Hamburg.

Da Josephson-Plasma­wellen den Josephson-Beziehungen unterliegen, sind sie von Natur aus nichtlinear. Nun brachten die Forscher diese Josephson-Plasma­wellen mittels eines zusätz­lichen, intensiven THz-Anregungs­pulses mit sehr großen Feldstärken von bis zu 100 kV/cm in einen hochgradig nicht­linearen Bereich. Eine derartig starke Anregung wurde durch die Ausnutzung jüngster Fortschritte in der THz-Techno­logie ermöglicht. In diesem Bereich ließ sich die Verstärkung der Josephson-Plasma­welle experimentell beobachten. „Der Reflexions­grad der Probe wurde größer als 100 Prozent und darüber hinaus wurde der Absorptions­koeffizient negativ. Dies sind klare Anzeichen für Verstärkung innerhalb des Materials“, sagt Rajase­karan.

Para­metrische Verstärkung in einfachen oszil­lierenden Systemen, wobei Verstärkung durch die perio­dische Modulation eines bestimmten Parameters erreicht wird, ist ein gut verstandenes Phänomen. Para­metrische Verstärker finden bei der rauschfreien Verstärkung schwacher Signale Anwendung etwa in der Radio­astronomie. „Was die para­metrische Verstärkung angeht, verhält sich ein geschichteter Supraleiter ganz ähnlich wie ein elektrischer Schwingkreis“, sagt Rajasekaran. „Der Josephson-Suprastrom ist wie ein Kabel, das die Platten eines Kondensators verbindet – in diesem Fall die Kupferoxid­schichten.“ Die Induktivität des Suprastroms hängt von der Phasendifferenz zwischen den Ebenen ab, und diese Phasen­differenz ändert sich mit der Zeit und mit der Position innerhalb der Ebene.

„Als wir unseren intensiven Anregungs­puls auf die Probe strahlten, oszillierte die Anregungs-Abfrage-Reaktion mit der doppelten Josephson-Plasmafrequenz. Das entspricht einer perio­dischen Modulation der Induktivität, welche für para­metrische Verstärkung benötigt wird“, fügt Srivats Rajase­karan hinzu. „Dies ist das erste Mal, dass der Effekt para­metrischer Verstärkung durch Licht­bestrahlung für Josephson-Plasmawellen nachgewiesen wurde“, erklärt Andrea Cavalleri.

Verstärkung von Josephson-Plasma­wellen unter Ausnutzung der nicht­linearen Josephson-Bezie­hungen mittels THz-Pulsen fügt sich in eine Reihe mit den vorherigen Arbeiten zu geschich­teten Supra­leitern unter der Leitung von Andrea Cavalleri. In diesen wurde THz-Licht verwendet, um Supraleitung zwischen den Material­ebenen aus- und anzuschalten und um supraleitende Solitonen zu erzeugen. Darüber hinaus hat die vorliegende Arbeit Auswir­kungen auf die Kontrolle von Fluktua­tionen des Suprafluids. „Die Möglichkeit, das Suprafluid eines geschichteten Supra­leiters parametrisch zu kontrol­lieren, könnte letztendlich ein Werkzeug zur Stabi­lisierung fluk­tuierender Supra­leitung liefern, vielleicht sogar bei Tempera­turen oberhalb der kritischen Temperatur“, schließt Andrea Cavalleri.

MPSD / JOL

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