06.12.2006

Thermische Linsen in Echtzeit

Ein Wellenfrontsensor mit stark verbesserter Auflösung macht thermische Linsen in Echtzeit sichtbar.



Ein Wellenfrontsensor mit stark verbesserter Auflösung macht thermische Linsen in Echtzeit sichtbar.

Die Erzeugung so genannter „thermischer Linsen“ bei Durchstrahlung von optischen Medien wie z. B. Linsen oder Laserstäben mit intensiver Laserstrahlung ist ein seit langem bekanntes Problem. Die dadurch auftretende Strahlverformung kann zu Instabilitäten, Dejustage und/oder Zerstörung von optischen Komponenten führen. Das Laser-Laboratorium Göttingen hat mit Hilfe eines Wellenfrontsensors mit stark verbesserter Auflösung ein Verfahren entwickelt, die thermische Linse in Echtzeit sichtbar zu machen und so eine aktive Kompensation der Wellenfront-Verkrümmungen zu ermöglichen.

Strahlungsinduzierte thermische Linsen in optischen Komponenten können bekanntermaßen bei vielen Anwendungen von Laserstrahlung erhebliche Probleme bereiten. So kann z. B. in der Halbleiter-Lithographie das so genannte „lens heating“ durch absorbierte UV-Laserstrahlung zu einer Verringerung der erreichbaren Auflösung führen. Ein anderes Beispiel in dem thermische Effekte eine wichtige Rolle spielen ist der Aufbau von leistungsstarken Festkörperlasern. Will man eine gute Stabilität erzielen und die Optiken vor Zerstörung schützen, so kommt man nicht daran vorbei, die thermische Linse durch den Laserstab zu berücksichtigen.

Abb. 1: Thermische Linse an einer Excimerlaser-bestrahlter Quarzplatte. Die Verbiegung der Wellenfront des zur Messung eingesetzten fasergekoppelten Diodenlasers (639 nm) beträgt ca. 2 nm. Links: zweidimensionale, geglättete Form.

Am Laser-Laboratorium Göttingen wurde nun ein Messsystem zur quantitativen Erfassung dieses Effektes entwickelt. Es basiert auf einem verbesserten Hartmann-Shack-Wellenfrontsensor, der sich durch eine extreme Empfindlichkeit auszeichnet und mittlerweile Wellenfrontänderungen im Bereich von λ/10.000 nachweisen kann. Das entspricht Abweichungen von weniger als 0,1 nm bei einer abgetasteten Fläche von einigen Quadrat-Zentimetern. Der Vorteil gegenüber interferometrischen Verfahren besteht darin, dass das Messsystem trotz der hohen Empfindlichkeit sehr kompakt und flexibel einsetzbar ist. Die Aufnahme der Wellenfront ist einfach und erfolgt in Echtzeit.

Abbildung 1 zeigt die photothermische Messung an einer Quarzplatte, die von einem Excimerlaser bei der Wellenlänge 193 nm bestrahlt wurde. Die ebene Wellenfront eines kollimierten Laserstrahls „verbiegt“ sich nach Einschalten des Excimerlasers innerhalb weniger Sekunden durch Brechungsindexänderung sowie thermische Ausdehnung der Quarzplatte zu einer rotationssymmetrischen Mulde, was der Ausformung einer Konvexlinse entspricht. Deren Brennweite (Defokus) beträgt im gezeigten Bespiel rund 1 km (!) bei einer Gesamtauslenkung der Wellenfront (Spitze-Spitze) von etwa 2 nm.

Abb. 2: Echtzeit-Ansicht aus der Steuersoftware MrBeam. (Quelle: Laser-Laboratorium Göttingen e.V.)

Mit diesem neuen Verfahren lassen sich einerseits die induzierten Wellenfrontveränderungen durch Zernike-Analyse genau vermessen, sodass Maßnahmen zur Kompensation (z. B. durch adaptive Optiken) ergriffen werden können. Andererseits kann die photothermische Messung auch zur schnellen Bewertung der Qualität optischer Komponenten eingesetzt werden, da das Ausmaß der Wellenfrontänderung direkt proportional zu den thermischen Absorptionsverlusten ist. Damit erschließt sich ein weiteres Einsatzgebiet des Hartmann-Shack-Sensors, der auch zur Echtzeit-Charakterisierung von Laserstrahlung (Strahlprofil, Propagation, M²-Messung) verwendet wird.

Quelle: PhotonicNet GmbH Kompetenznetz Optische Technologien

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