27.06.2016

Thermoosmotisches Kraftwerk

Neues Verfahren nutzt Abwärme schon bei unter 100 Grad Celsius zur Stromerzeugung – Wirkungsgrade von bis zu sieben Prozent möglich.

Viele Ansätze sind derzeit im Gespräch, um Abwärme von Industrie­prozessen oder Verbrennungs­motoren mehr oder weniger effizient für die Strom­erzeugung zu nutzen. Mit einer jährlichen Verlust­leistung von mehreren Milliarden Gigajoule weltweit ist das theoretische Potenzial gewaltig. Doch bisher erreichen thermo­elektrische Module bei Abwärme­temperaturen von mehreren hundert Grad nur geringe Wirkungs­grade. Ein neues Verfahren, das auf Thermo­osmose basiert, könnte nun auch kühlere Abwärme von etwa 100 Grad für die Strom­gewinnung verwerten. Möglich wird dies durch eine hydrophobe Nano­membran, die nun ein Team an drei amerikanischen Universitäten entwickelt hat.

Abb.: Prinzip eines thermosmotischen Kraftwerks, dass Abwärme geringer Temperatur zur Stromerzeugung nutzt. (Bild: M. Elimelech et al., Yale University)

Um die Machbarkeit eines thermo­osmotischen Kraftwerks zu demonstrieren, entwickelte Anthony Straub von der Yale University in New Haven zusammen mit Kollegen von der Columbia University und der Vanderbuilt University eine nanoporöse Membran aus dem hydro­phoben Kunst­stoff Poly­tetra­fluoro­ethylen. Die Porengröße betrug dabei nur wenige Dutzend Nanometer. Diese Nano­membran stabilisierten die Forscher mit einem Netz aus Polyester. So entstand eine nur etwa ein Zehntel Milli­meter dünne Membran. Damit trennten die Forscher in ihrem Experiment eine Kammer mit 20 Grad warmem Wasser von einem unter Hoch­druck stehenden und mit 60 Grad etwas wärmeren Reservoir ab.

Der geringe Temperaturgradient von nur 40 Grad reichte aus, um selektiv Wasser­moleküle durch die winzigen Poren der Nano­membran in die Kammer mit dem kälteren Wasser wandern zu lassen. Dort kondensierte der Wasserdampf und der Druck in der Kammer erhöhte sich auf bis zu 13 bar. Von diesem hydraulischen Druck angetrieben ließ sich das Wasser durch einen Kanal pressen. Für ein thermo­osmotisches Kraftwerk müsste nun noch eine kleine Turbine in diesen Wasser­strom ergänzt werden, um über die Rotation der Turbine einen Strom­generator anzutreiben. Dieses Verfahren hätte mit Wasser als Arbeits­medium den Vorteil, kosten­effizient und umwelt­freundlich zu sein.

Abb.: Durch eine Nanomembran können Wassermoleküle über den thermoosmotischen Effekt wandern und hohe Drücke aufbauen. (Bild: M. Elimelech et al., Yale University)

In ihrem Prototyp erreichten die Forscher dank des thermo­osmotischen Prozesses eine relativ hohe Leistungs­dichten von etwa 3,5 Watt pro Quadratmeter. Detaillierte Berechnungen zeigten, dass mit Wasser als Arbeitsmedium und optimierter Poren­größe von 77 Nanometern Durch­messer Wirkungs­grade von bis zu sieben Prozent erreichbar wären. Sollte das Wasser noch gegen spezielle organische Flüssig­keiten mit besseren Verdampfungs­eigenschaften ersetzt werden, ließe sich die Strom­ausbeute sogar noch weiter steigern. Möglich wäre auch ein Einsatz von ionischen Flüssig­keiten, bei denen sich die Dampfdruck über einen weiten Bereich beeinflussen lässt.

Diese neue Methode zur Nutzung von relativ kühler Abwärme, die den Großteil der industriellen Abwärme ausmacht, ist eine viel versprechende Alternative zu anderen Verfahren, in denen über den thermo­elektrischen Effekt nur heiße Abwärme direkt in Strom umgewandelt werden kann. Mit Wasser und Kunststoffen ließen sich diese Thermo­osmose-Generatoren prinzipiell auch im großen Maßstab sehr günstig herstellen.

Ob Thermoosmose tatsächlich zu einem völlig neuen Generatortyp führen wird, müssen weitere Experiment zeigen, in denen mit dem hydraulischen Druck auch Turbinen angetrieben werden. Dann wird sich auch heraus­stellen, wie groß die Verluste dieses Prozesses sind und ob man sich an den theoretisch möglichen Wirkungs­grad von sieben Prozent annähern kann. Gelingt diese Entwicklung über den Labor­maßstab hinaus, könnte man erstmals die bisher ungenutzte Abwärme mit Temperaturen unter 100 Grad zur Strom­gewinnung verwenden.

Jan Oliver Löfken

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