Thermoosmotisches Kraftwerk
Neues Verfahren nutzt Abwärme schon bei unter 100 Grad Celsius zur Stromerzeugung – Wirkungsgrade von bis zu sieben Prozent möglich.
Viele Ansätze sind derzeit im Gespräch, um Abwärme von Industrieprozessen oder Verbrennungsmotoren mehr oder weniger effizient für die Stromerzeugung zu nutzen. Mit einer jährlichen Verlustleistung von mehreren Milliarden Gigajoule weltweit ist das theoretische Potenzial gewaltig. Doch bisher erreichen thermoelektrische Module bei Abwärmetemperaturen von mehreren hundert Grad nur geringe Wirkungsgrade. Ein neues Verfahren, das auf Thermoosmose basiert, könnte nun auch kühlere Abwärme von etwa 100 Grad für die Stromgewinnung verwerten. Möglich wird dies durch eine hydrophobe Nanomembran, die nun ein Team an drei amerikanischen Universitäten entwickelt hat.
Abb.: Prinzip eines thermosmotischen Kraftwerks, dass Abwärme geringer Temperatur zur Stromerzeugung nutzt. (Bild: M. Elimelech et al., Yale University)
Um die Machbarkeit eines thermoosmotischen Kraftwerks zu demonstrieren, entwickelte Anthony Straub von der Yale University in New Haven zusammen mit Kollegen von der Columbia University und der Vanderbuilt University eine nanoporöse Membran aus dem hydrophoben Kunststoff Polytetrafluoroethylen. Die Porengröße betrug dabei nur wenige Dutzend Nanometer. Diese Nanomembran stabilisierten die Forscher mit einem Netz aus Polyester. So entstand eine nur etwa ein Zehntel Millimeter dünne Membran. Damit trennten die Forscher in ihrem Experiment eine Kammer mit 20 Grad warmem Wasser von einem unter Hochdruck stehenden und mit 60 Grad etwas wärmeren Reservoir ab.
Der geringe Temperaturgradient von nur 40 Grad reichte aus, um selektiv Wassermoleküle durch die winzigen Poren der Nanomembran in die Kammer mit dem kälteren Wasser wandern zu lassen. Dort kondensierte der Wasserdampf und der Druck in der Kammer erhöhte sich auf bis zu 13 bar. Von diesem hydraulischen Druck angetrieben ließ sich das Wasser durch einen Kanal pressen. Für ein thermoosmotisches Kraftwerk müsste nun noch eine kleine Turbine in diesen Wasserstrom ergänzt werden, um über die Rotation der Turbine einen Stromgenerator anzutreiben. Dieses Verfahren hätte mit Wasser als Arbeitsmedium den Vorteil, kosteneffizient und umweltfreundlich zu sein.
Abb.: Durch eine Nanomembran können Wassermoleküle über den thermoosmotischen Effekt wandern und hohe Drücke aufbauen. (Bild: M. Elimelech et al., Yale University)
In ihrem Prototyp erreichten die Forscher dank des thermoosmotischen Prozesses eine relativ hohe Leistungsdichten von etwa 3,5 Watt pro Quadratmeter. Detaillierte Berechnungen zeigten, dass mit Wasser als Arbeitsmedium und optimierter Porengröße von 77 Nanometern Durchmesser Wirkungsgrade von bis zu sieben Prozent erreichbar wären. Sollte das Wasser noch gegen spezielle organische Flüssigkeiten mit besseren Verdampfungseigenschaften ersetzt werden, ließe sich die Stromausbeute sogar noch weiter steigern. Möglich wäre auch ein Einsatz von ionischen Flüssigkeiten, bei denen sich die Dampfdruck über einen weiten Bereich beeinflussen lässt.
Diese neue Methode zur Nutzung von relativ kühler Abwärme, die den Großteil der industriellen Abwärme ausmacht, ist eine viel versprechende Alternative zu anderen Verfahren, in denen über den thermoelektrischen Effekt nur heiße Abwärme direkt in Strom umgewandelt werden kann. Mit Wasser und Kunststoffen ließen sich diese Thermoosmose-
Ob Thermoosmose tatsächlich zu einem völlig neuen Generatortyp führen wird, müssen weitere Experiment zeigen, in denen mit dem hydraulischen Druck auch Turbinen angetrieben werden. Dann wird sich auch herausstellen, wie groß die Verluste dieses Prozesses sind und ob man sich an den theoretisch möglichen Wirkungsgrad von sieben Prozent annähern kann. Gelingt diese Entwicklung über den Labormaßstab hinaus, könnte man erstmals die bisher ungenutzte Abwärme mit Temperaturen unter 100 Grad zur Stromgewinnung verwenden.
Jan Oliver Löfken
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