24.04.2008

Tiefer Blick in den Jet von BL Lacertae

Theoretisch können Astronomen sehr exakt erklären, warum bei jungen Sternen, Supernovae und Schwarzen Löchern stark gebündelte Materiestrahlen – so genannte Jets – entstehen. Doch erst kürzlich gelang ein Blick in deren Entstehungszone.



Theoretisch können Astronomen sehr exakt erklären, warum bei jungen Sternen, Supernovae und Schwarzen Löchern stark gebündelte Materiestrahlen – so genannte Jets – entstehen. Doch erst kürzlich gelang ein Blick in deren Entstehungszone.

Stark gebündelte Materiestrahlen, so genannte Jets, sind ein geradezu allgegenwärtiges astronomisches Phänomen: Man findet sie bei jungen Sternen, Supernovae und Schwarzen Löchern. Wie aber entstehen diese Strahlen und woraus bestehen sie? Zwar gibt es heute ein gut fundiertes theoretisches Modell, das die Entstehung der Jets beschreibt. Doch bislang fehlten die Beobachtungen, um dieses Modell zu untermauern. Jetzt ist es einem internationalen Forscherteam erstmals gelungen, einen Blick in die Entstehungszone eines solchen Materiestrahls zu werfen. Das Team berichtet in „Nature“ von seinen Beobachtungen der aktiven Galaxie BL Lacertae, des Prototyps der Blazare.

„Wir konnten erstmals den Mechanismus beobachten, der die Teilchen in den entstehenden Jets auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigt“, erklärt Hugh Aller von der University of Michigan, einer der beteiligten Astronomen. „Damit verbessert sich unser Verständnis der Physik des Beschleunigungsprozesses.“

Aktive Galaxien beziehen ihre Energie aus der Akkretion von Materie auf supermassive Schwarze Löcher. Ein Teil der einströmenden Materie wird dabei entlang der Rotationsachse in den Jets beschleunigt und wieder ins All ausgestoßen. Die Rotation der Magnetosphäre, so die theoretischen Modelle für diesen Vorgang, führt dabei zu einem spiralförmigen Feld über den Polen des Schwarzen Lochs, das sowohl als Turbine als auch als Düse wirkt, den Materiestrom also beschleunigt und zugleich bündelt.

Abb.: Theoretisches Modell der zentralen Region des Jets von BL Lacertae. Eine Plasmawolke bewegt sich in dem Jet nach außen. Am Ort der stärksten Bündelung des Jets trifft sie auf eine stehende Stoßwelle und löst eine hochenergetische Strahlungseruption aus. (Quelle: Wolfgang Steffen)

Der genaue physikalische Vorgang ist dabei ausgesprochen komplex und nur unter Anwendung einer Reihe von vereinfachenden Annahmen beschreibbar – und entsprechend ist das theoretische Modell in seinen Einzelheiten umstritten. BL Lacertae erschien den Forschern um Hugh Aller als geeignetes Objekt, das Modell mit geballter Beobachtungsmacht zu überprüfen. Zum Einsatz kamen das Very Large Baseline Array (VLBA) aus zehn großen Radioantennen in den USA, mehrere optische Großteleskope, sowie der amerikanische Röntgensatellit Rossi XTE.

Die etwa 900 Millionen Lichtjahre entfernte aktive Galaxie BL Lacertae ist der Prototyp der so genannten Blazare, bei denen der Jet fast genau in unsere Richtung zeigt. Dadurch blicken die Astronomen gewissermaßen direkt in die Düse hinein und erhalten so einen Einblick in den inneren Antriebsmechanismus. Trotz der enormen Entfernung ist der Jet von der aktiven Galaxie BL Lacertae mit einer Ausdehnung von 0,5 Millibogensekunden groß genug, um bei Radiobeobachtungen mit der VLBA-Technik Einzelheiten erkennen zu lassen.

Im Zeitraum der Beobachtungen von 2005 bis 2006 konnten die Forscher eine helle Struktur im Jet von BL Lacertae verfolgen – die Ausbreitung und Beschleunigung einer Plasmawolke in dem Magnetfeld. In Übereinstimmung mit den Vorhersagen des theoretischen Modells führte die Ausbreitung der Plasmawolke zweimal zu hochenergetischen Strahlungseruptionen im Gammabereich. Besonders interessant ist dabei der zweite Ausbruch, den die Forscher mit dem Auftreffen der Plasmawolke auf eine stehende Stoßwelle erklären, die sich an der Stelle bildet, an welcher der Jet am stärksten gebündelt ist.

„Diese Bestätigung der theoretischen Modellvorstellungen bei Systemen mit supermassiven Schwarzen Löchern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Jets aller Größen und Arten in ganz ähnlicher Weise funktionieren“, kommentiert David Meier vom Jet Propulsion Laboratory der Nasa in Pasadena in einem begleitenden „News & Views“-Artikel die Bedeutung der Beobachtungen. Künftige Instrumente wie etwa das Gammaobservatorium GLAST oder die Erweiterung des weltweiten VLBI-Netzes um eine Antenne im Weltall könnten schon bald noch detailreichere Einblicke in die Maschinerie der aktiven Galaxien liefern.

Rainer Kayser

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