05.06.2019

Tiefkühlung für Quantenelektronik

TUM-Ausgründung entwickelt magnetische Kühlung für extrem tiefe Temperaturen.

Als weltweit erstem Unternehmen ist es dem Startup kiutra gelungen, eine dauerhafte magne­tische Kühlung für Temperaturen nahe des absoluten Nullpunkts zu entwickeln. Solche Temperaturen werden unter anderem für den Betrieb von Quanten­computern benötigt. Gegründet wurde das Unternehmen von einem Forscherteam des Physik-Departments der Technischen Universität München.

Abb.: Das Gründungsteam des Münchener Startups kiutra GmbH mit ihrem...
Abb.: Das Gründungsteam des Münchener Startups kiutra GmbH mit ihrem Kühlgerät für extrem tiefe Temperaturen. (Bild: W. Schürmann, TUM)

Für die Grundlagen­forschung in der Quantenphysik sind tiefe Temperaturen ein wichtiges Werkzeug. Aber auch immer mehr Technologien, die auf quanten­mechanischen Effekten beruhen, schaffen den Sprung vom Labor in die kommerzielle Anwendung. Bekannte Beispiele sind extrem empfindliche Detektoren und Quanten­computer. Doch für den Betrieb der sensiblen Quanten­technologien werden in der Regel sehr tiefe Temperaturen benötigt, nahe am absoluten Nullpunkt. Daher steigt die Nachfrage nach effektiven Kühlungs­lösungen derzeit rasant an.

Diesen Bedarf wollen die TUM-Forscher Alexander Regnat, Jan Spallek, Tomek Schulz und Christian Pfleiderer bedienen. Alle vier arbeiten derzeit am Physik-Department der TUM an ihrem Prototyp. Weitere Mitarbeiter und auch ein eigener Firmensitz seien, laut Alexander Regnat, schon in Aussicht. Die Idee kam dem Team bei ihrer Arbeit an der TUM. Immer wieder stießen die herkömmlichen Methoden zum Erreichen solch tiefer Temperaturen an ihre Grenzen. Deshalb entwickelte die Gruppe ihre eigene Technik, um eine dauerhafte Kühlung zu gewähr­leisten und gründeten im Sommer 2018 die kiutra GmbH.

Um sehr tiefe Temperaturen zu erzeugen, nutzt man in der Regel flüssige Gase. Wenn dauerhaft Tempera­turen nahe des absoluten Nullpunkts benötigt werden, kommt bisher das äußerst seltene und teure Isotop Helium-3 zum Einsatz. Eine Alternative dazu bieten magnetische Kühlverfahren, die solche Temperaturen mithilfe preiswerter Feststoffe erzeugen können – in der Regel aber nur für eine begrenzte Zeit. Konzepte für eine dauerhafte magne­tische Kühlung existieren zwar seit vielen Jahren. „Die technische Umsetzung ist allerdings extrem anspruchs­voll und hat so die Entwicklung eines Produkts für den breiten Einsatz bisher verhindert“, erklärt Tomek Schulz.

„Wir sind nun der weltweit erste kommer­zielle Anbieter einer Kühltechnik, die magnetisch dauerhaft Temperaturen nahe des absoluten Nullpunkts bei minus 273°C erreicht,“ sagt Alexander Regnat. „Unser großer Vorteil: Wir brauchen dafür kein teures Helium-3, sondern lediglich Strom.“

Mehr als 70 Ausgründungen gibt es an der TUM jedes Jahr. Als Ausgründung des Physik-Departments wird das Team derzeit von einem EXIST-Gründer­stipendium gefördert. Vor wenigen Tagen investierte ein Konsortium aus Lead-Investor High-Tech Gründerfonds (HTGF), dem Deep-Tech VC APEX Ventures sowie der Unter­nehmerTUM Initiative for Industrial Innovators einen siebenstelligen Betrag in das Spin-off der TU München. Das neue Kapital wird dazu dienen, den weltweiten Vertrieb und die Produktions­kapazitäten für den rasant wachsenden Quanten­technologie-Markt weiter auszubauen.

TUM / JOL

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