Tissue-Engineering im Femtosekunden-Takt
Per Femtosekundenlaser dreidimensionale Strukturen aus lebenden Zellen erzeugen.
Forschern der Hochschule München ist es erstmals gelungen, mit Hilfe eines Femtosekundenlasers lebende menschliche Zellen ohne Verunreinigung oder genetische Schäden in 3D auf ein Glasplättchen zu drucken: Im Mikrosekundentakt schießt eine winzige Fontäne aus dem Probenbehälter und trifft auf ein mit Gel beschichtetes Glasplättchen. Innerhalb weniger Sekunden entsteht eine dreidimensionale Struktur aus lebenden menschlichen Zellen. Um Details erkennen zu können, braucht man Zeitlupenaufnahmen.
Abb.: Die Moment-Aufnahme eines Jets nach einer Verzögerungszeit von zehn Mikrosekunden und einer Pulsenergie von etwa fünf Mikrojoule zeigt einen etwa 0,5 Millimeter langen gleichmäßigen Jet, der sich von etwa fünfzig Mikrometer Dicke nach oben hin auf etwa zehn Mikrometer verjüngt. (Bild: J. Zhang, H. München)
Heinz Huber von der Hochschule München sitzt mit seinem Team vor dem Monitor und betrachtet die Abläufe in Slow-
„Mit diesem Jet können wir Zellstrukturen drucken“, erläutert Jun Zhang aus Hubers Team. „Die Anlage lässt sich so steuern, dass die Zellen in einer Ebene, aber auch dreidimensional und in hoher Auflösung aufgebracht werden können. So entstehen Keimzellen für neues Gewebe.“ Je nachdem, welche Zellen auf das Glasplättchen aufgedruckt werden, bildet sich Haut-, Herzmuskel- oder Knorpelgewebe. Zhang arbeitet derzeit mit Sehnen-
Schon seit Jahren wetteifern Forscherteams auf der ganzen Welt um die beste Technik zur Herstellung von künstlichem Gewebe, dem „Tissue Engineering“. Ziel ist es, im Labor Gewebeersatzmaterialien zu erzeugen, die in Aufbau und Funktion identisch sind mit menschlichem Gewebe. Aus diesem sollen dann Implantate aber auch Gewebeproben für die Untersuchung neuer Wirkstoffe hergestellt werden. „Es gibt mittlerweile mehrere Druckverfahren, bisher hat jedoch keines die hohen Erwartungen erfüllt“, erklärt Huber. Bei gängigen Inkjet-
„Wir haben daher nach einer alternativen Methode gesucht, die die Zellen nicht belastet. Dabei sind wir auf die Multi-
Praktisch musste Hubers Team einige Hürden überwinden. Zwei Jahre haben die Forscher an den Details getüftelt, berichtet Zhang: „Unsere ersten Versuche mit dem Femtosekundenlaser waren wenig ermutigend, die Zellen landeten zwar an den gewünschten Stellen, haben aber nicht überlebt. Erst nach und nach haben wir herausgefunden, wie man den Prozess steuern muss, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.“ Entscheidend für das Überleben der Zellen ist beispielsweise die Fokustiefe des Lasers: Liegt die Plasmablase zu tief unter der Oberfläche, wird der Druck, der sich aufbaut, bevor die Blase platzt, zu hoch. Ein anderer wichtiger Faktor ist die Energie der Laserstrahlen. Sie darf nicht zu hoch sein, sonst expandiert die Blase zu schnell und zerstört die Zellen. Und auch die Zeit spielt eine Rolle: Je schneller der Druckprozess abgeschlossen ist, und das Glasplättchen in den Brutschrank gelegt wird, desto mehr Zellen überleben und können sich vermehren.
Im nächsten Schritt wollen die Physiker zusammen mit Medizinern und Biologen die aufgedruckte Zellstruktur in echtes Sehnengewebe verwandeln. Die Arbeit ist Teil des Projekts „Centrum für angewandtes Tissue Engineering und regenerative Medizin“, in dem 15 Partner interdisziplinär kooperieren. Eines ist bereits klar: Damit die Zellen sich nicht nur vermehren, sondern auch so organisieren wie im menschlichen Körper, müssen die Umgebungsbedingungen stimmen. Benötigt werden gleichmäßige Temperaturen um 37 Grad Celsius, Nährstoffe, Wachstumsfaktoren, Collagen und ein ausgetüfteltes Trainingsprogramm – nur wenn Sehnenzellen ständig bewegt werden, verwandeln sie sich in ein Gewebe, das den Belastungen im menschlichen Körper standhält.
H. München / RK