19.04.2012

Transfermarkt für Planeten

Milliarden Sterne in unserer Galaxie könnten Planeten besitzen, die aus anderen Sonnensystemen stammen.

Einst sahen Astronomen Sonnensysteme als stabile, ewig wie ein Uhrwerk vor sich hinlaufende Einheiten an. In dieses Bild ist in den letzten Jahren im wahrsten Sinne des Wortes einiges an Bewegung gekommen. Nicht nur, dass die Forscher über chaotische Bahnen und Migration von Planeten viel Neues gelernt haben. Simulationen von Hagai Perets vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und Thijs Kouwenhoven vom Kavli-Institut der Universität Peking zufolge könnte ungefähr jeder zwanzigste Stern unserer Galaxie einen Planeten besitzen, der von einem anderen Stern stammt.

Abb.: So könnte ein eingefangener Planeten am äußeren Rand seines neuen Sonnensystems aussehen. (Bild: C. Pulliam, CfA)

Sonnensysteme entstehen zum größten Teil – vielleicht sogar ausschließlich – in Sternhaufen, wenn irgendwo in der Galaxie Gasmassen unter der eigenen Gravitation kollabieren. Solange diese Sternhaufen noch jung sind, sind die Abstände zwischen Sonnensystemen noch gering und die gravitativen Wechselwirkungen entsprechend groß. So können in dieser Phase viele Planeten aus der gewohnten Bahn um ihren Stern herausgeworfen werden. Für jeden Stern könnten also zwei – oder vielleicht noch viel mehr – herrenlose Planeten als Nomadenwelten durch die kalten Tiefen des Alls streunern. Darauf weisen Mikrogravitationslinseneffekte bei der Beobachtung unserer Galaxie hin.

Der nun vorgelegten Studie nach können Sterne solche Planeten auch wieder einfangen, falls beide ungefähr die gleiche Bewegungsrichtung haben. Die Wahrscheinlichkeit hierfür geben die Forscher mit ungefähr 3 bis 6 Prozent an, wobei schwerere Sterne oder gar Schwarze Löcher größere Einfangraten haben. Solche Einfänge geschehen vor allem in jungen Sternhaufen. Denn diese lösen sich während ihrer Rundreise um das galaktische Zentrum im Lauf der Zeit auf; damit sinkt die Wahrscheinlichkeit für stellare Begegnungen stark.

Zu erkennen wären solche eingefangenen Planeten vor allem an ihrer ungewöhnlichen Umlaufbahn, die bevorzugt mit sehr großen Radien und Exzentritäten sowie ungewöhnlichen Bahnneigungen bis hin zum umgekehrten Umlaufsinn einhergeht. Noch sind zwar keine solchen Planeten sicher identifiziert. Denn ungewöhnliche Bahnen können auch innerhalb eines Sonnensystems durch gravitative Wechselwirkungen entstehen. So gilt derzeit ein 2006 nachgewiesenes System aus zwei sich umkreisenden Körpern – ein Brauner Zwerg und ein schwerer Gasriese – als heißester Kandidat für wechselseitigen Einfang. Das vorgeschlagene Modell könnte aber eine Erklärung liefern für die Beobachtung schwerer Planeten mit großen Radien vom über hundertfachen Abstand Sonne-Erde, wo nach den gängigen Modellen kaum Planetenbildung möglich sein sollte.

Da Planeten auf großen Umlaufbahnen nur schwach gebunden sind, können sie auch leicht wieder verloren gehen und eventuell einen neuen Stern finden. Perets kommentiert dies so: „Sterne tauschen Planeten wie Baseballteams ihre Spieler.“

Dirk Eidemüller

Weitere Infos

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen