14.03.2017

Treibstoff aus Treibhausgas

Molekulares Blatt aus Graphen erzeugt Kohlenmonoxid aus CO2 und Licht.

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe in Motoren oder Kraftwerken setzt Unmengen an CO2 frei. Längst ist die Anreicherung des Gases in der Atmosphäre als Haupt­schuldiger für die Klima­erwärmung identi­fiziert. Indem sie CO2 mit Hilfe von Sonnen­licht in Zucker umwandeln und so Energie speichern, zeigen uns Bäume und andere Pflanzen einen möglichen Ausweg aus der Misere auf. Aufgrund der niedrigen Reaktivität des Treibhaus­gases gestaltet sich die technische Umsetzung jedoch schwierig: Es fehlt an geeigneten Kata­lysatoren. Forscher der Indiana University in den USA haben nun ein Molekül synthe­tisiert, das nicht nur aussieht wie ein Blatt, sondern auch Ähnliches leistet. Es besteht aus einem winzigen Stückchen Graphen in Kombination mit einer Metall­verbindung. In einer mit CO2 ange­reicherten Lösung kann es Sonnen­licht absor­bieren und mit der gewonnenen Energie Kohlen­monoxid erzeugen.

Abb.: Das Katalysatormolekül aus Graphen und Rhenium absorbiert Sonnenlicht und wandelt wiederholt CO2 in CO um. (Bild: B. Noffke, R. Schaugaard )

Kohlen­monoxid ist nicht nur ein wichtiger Rohstoff für die Industrie, es kann auch als klima­neutraler Energie­speicher dienen, indem man es etwa in Treib­stoffe wie Methanol umwandelt. Wird CO2 aus der Atmo­sphäre entnommen, um CO zu erzeugen, so gelangt bei einer späteren Verbrennung nur so viel Kohlen­stoff zurück in die Luft, wie vorher entnommen wurde. Es wird im Grunde also nur die Sonnen­energie wieder freigesetzt, die benutzt wurde, um es herzustellen. Eine der wich­tigsten Eigen­schaften für einen geeigneten Kata­lysator ist ein möglichst geringes Über­potenzial. Das heißt, er soll für die Auf­spaltung von CO2 in CO nur gering­fügig mehr Energie benötigen, als bei eine an­schließenden Oxidation wieder frei wird.

Hier hat die Forscher­gruppe um Liang-shi Li nun eigenen Angaben zufolge einen neuen Rekord zu verbuchen: Mit einem Wert von -0,48 V vs NHE, einer Einheit, die das gemessene Potenzial in Relation zu einer Standard­elektrode setzt, um Ergebnisse besser vergleichen zu können, haben sie das bisher geringste Über­potenzial für einen molekularen Katalysator realisiert. Wie Simu­lationen auf der Basis der Dichte­funktional­theorie (DFT) zeigen, dürften Deloka­lisierungs­effekte im Graphen für diesen Effekt verant­wortlich sein. Darüber hinaus dient das Graphen quasi als Sonnen­segel, das große Mengen an Sonnenlicht absorbiert und die Energie an die Metall­verbindung weiterleitet. Dort bindet ein Rhenium­atom wiederholt CO2, wandelt es in Kohlen­monoxid um und gibt es als Gas an die Umgebung ab. Der über­schüssige Sauerstoff verbleibt dagegen in der Lösung.

Als Bindeglied zwischen Graphen und dem Rhenium­atom dient Bipyridin. Bipy­ridin-Metall-Komplexe werden schon lange zur CO2-Reduktion mit Sonnen­licht untersucht, haben aber den Nachteil, dass sie nur einen kleinen Teil des Lichts, hauptsächlich im UV-Bereich absorbieren. Graphen dagegen absorbiert das Licht auf einer wesent­lich größeren Fläche und bis zu Wellen­längen von 600 Nanometern. „Unsere Moleküle absorbiert genug Licht um die Reaktion ohne Einsatz zusätzlichen Foto­sensibili­satoren anzutreiben“, erklärt Li. „Das vereinfacht das Design zukünftiger Kata­lysatoren erheblich.“

Um die Leistungs­fähigkeit des neuen Kata­lysators zu demonstrieren, haben Li und seine Kollegen die Moleküle in einer mit CO2 gesättigten Lösung mit einer 100-Watt-Wolframlampe bestrahlt. Eine an­schließende Gaschroma­tografie zeigte CO als einziges Produkt. Weiters konnten sie feststellen, dass jedes Katalysator­molekül im Schnitt 48 CO2-Moleküle aufspaltet, bevor es inaktiv wird. In Zukunft wollen die Forscher daran arbeiten, die Moleküle in eine feste Form zu bringen. „So könnte man den Kata­lysator von der Reaktion trennen und er wäre in der Praxis einfacher einsetzbar“, meint Li. „Außerdem könnte es, indem es einige uner­wünschte Neben­reaktionen eliminiert, die Lebens­dauer der Moleküle verlängern.“

Natürlich ist Lis Gruppe nicht die Einzige, die sich mit der Gewinnung von Treibstoff aus Kohlen­dioxid befasst. Bereit 2016 haben Forscher aus Illinois ein „künst­liches Blatt“ vorgestellt, das aus Sonnen­licht, Wasser und CO2 Kohlen­monoxid erzeugt. Auch hier diente ein Nanomaterial als Katalysator: zweidimen­sionale Nanoflakes aus einer Wolfram-Selen-Verbindung mit reaktiven Rändern. Aller­dings handelte es sich dabei um einen vergleichs­weise komplexen Aufbau, bestehend aus einer zwei­geteilten elektro­chemischen Zelle mit drei Elektroden. Außerdem haben die Katalysator­moleküle das Sonnenl­icht nicht selbst absorbiert – das übernahmen zwei herkömmliche Solar­zellen auf Silizium­basis. Dennoch konnte das System ohne äußere Energie­versorgung CO und Wasser­stoff erzeugen.

Einen völlig anderen, thermo­chemischen Zugang haben kürzlich Forscher des ETH Zürich vorgestellt. Sie haben einen mit einem Redox­material ausge­kleideten Solar­reaktor entwickelt, der mit Hilfe von 3000-fach konzen­triertem Sonnen­licht CO2 aufspaltet. Dafür wird in einem perio­dischen, zwei­stufigen Prozess das Redox­material zunächst auf 1500 °C erhitzt um Sauerstoff zu erzeugen. An­schließend reoxidiert CO2 das Material bei 900 °C und es entsteht Kohlen­monoxid. Die Effizienz, mit der dabei Sonnen­licht in Treibstoff umgewandelt wird, beträgt 5,25 Prozent - den Forschern zufolge ein neuer Rekord für die thermo­chemische Spaltung von CO2. Derartige Reaktoren könnten in Zukunft etwa bereits bestehende Infra­strukturen von Sonnen­wärmekraft­werken nutzen. Installiert in den Solar­türmen könnten sie dort, anstatt Wasser für die Turbinen zu verdampfen, Kohlen­dioxid in CO umwandeln.

Thomas Brandstetter

JOL

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