18.04.2017

Trinkwasser aus der Wüstenluft

Metallorganischer Werkstoff mit extrem großer innerer Ober­fläche ent­wickelt.

Extrem poröse Verbindungen aus Metalloxiden und organischen Salzen verfügen über bis zu 7000 Quadrat­metern Ober­fläche pro Gramm. Die künst­lich hergestellten metall­organischen Gerüste – kurz MOF vom englischen metall-organic framework – gelten daher als vielversprechende Materialien für die Trennung von Gasen, sowie für Batterieelektroden oder Katalysatoren. Eine Forschergruppe um Omar Yaghi vom Lawrence Berkeley National Laboratory entwarf jetzt ein MOF-Material zur Gewinnung von Trinkwasser. Selbst bei einer geringen Luftfeuchte von zwanzig Prozent, die beispielsweise in der Sahara herrscht, war ein Prototyp effizient genug, um einige Liter Wasser in einer Nacht sammeln zu können.

Abb.: Modell eines metallorganischen Gerüsts (MOF), das für eine effiziente Gewinnung von Trinkwasser selbst aus trockener Luft eingesetzt werden kann. (Bild: O. M. Yaghi et al., LBNL)

„MOFs sind Festkörper, die sich mit bloßem Auge betrachtet kaum von Sand­körnern unterscheiden“, sagt Yaghi. Gemeinsam mit seinen Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology verknüpfte er in einer chemischen Reaktion Zirconiumoxid mit Fumaraten, Salzen der Fumarsäure. Unter Vakuum auf 150 Grad aufgeheizt, verdampften die Forscher das in den Nano­poren noch enthaltene Lösungsmittel. Es entstand ein mikrokristallines Pulver, in dem sich je zwölf Cluster aus Zircomiunoxid mit Fumarat-Molekülen ver­banden und ein poröses, dreidimensionales Netzwerk bildeten. Mit diesem MOF-Pulver beschichteten sie einen Metallschaum aus Kupfer und erhielten eine vier Millimeter dünne, quadratische Fläche mit fünf Zentimeter Kantenlänge.

Dieses Material setzten Yaghi und Kollegen einer trockenen Atmosphäre mit nur zwanzig Prozent Luftfeuchte aus. Wassermoleküle diffundierten in die zahlreichen Poren und über einen exothermen Adsorptionsprozess lagerten sie sich innerhalb einer guten Stunde bis zur Sättigung des Materials ab. Die Messungen zeigten, dass etwa ein Viertel Liter Wasser pro Kilogramm MOF-Substanz eingesammelt werden konnte. Um das Wasser aus dem porösen Material abzuzapfen, reichte die Wärme der Sonnenstrahlung aus.

Abb.: Prinzip der Wassergewinnung aus Luftfeuchte mit metallorganischen Gerüsten. (Bild: H. Kim et al. / AAAS)

Eine Seite des Prototyps beschichteten die Forscher mit einer hauchdünnen Grafitschicht. Mit künstlichem Sonnenlicht bestrahlt, erwärmte sich das MOF-Material, der Dampfdruck nahm zu und das Wasser verdunstete. Dieser Wasserdampf kondensierte darauf an mehreren kleinen Kühlrippen, die an der Rückseite des Wasserkollektors angebracht waren. Von dort tropfte es ab und konnte in einem Gefäß gesammelt werden.

Parallel zum Experiment berechneten Yaghi und Kollegen die Dampfdiffusion des kristallinen Materials und bestimmten die optimale Porösität für die Auf­nahme von Luftfeuchte auf etwa siebzig Prozent bei variabler Schichtdicke zwischen einem und zehn Millimetern. Ihr Ergebnis: Mit einer nur fünf Milli­meter dünnen MOF-Schicht könnte knapp ein halber Liter Wasser pro Quadrat­meter Kollektorfläche gesammelt werden. Wird der Sammelzyklus mehrmals wiederholt, halten die Forscher eine Tagesausbeute von einigen Litern für möglich.

Im Unterschied zu anderen Verfahren zur Trinkwassergewinnung aus Luft­feuchte oder Tau, benötigen die neuen Wasserkollektoren über die Sonnen­ein­strahlung hinaus keine weitere Energieversorgung. Da sich die porösen MOF-Werkstoffe aus günstigen Substanzen produzieren lassen, rechnet Yaghi schon bald mit größeren Pilotanlagen, um diese Art der Trink­wasser­gewinnung unter realen Bedingungen zu testen. Da die Atmo­sphäre etwa 13.000 Kubikkilometer Wasser enthält und sich nur zwei Prozent davon in Wolken und Nebel konzentrieren, bietet die Luftfeuchte ein großes Potenzial zur Trinkwassergewinnung. Im Prinzip ließe sich diese Wasserquelle überall, bevorzugt auch in ariden Wüstenregionen anzapfen.

Jan Oliver Löfken

RK

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