28.07.2017

Trocken, aber nicht staubtrocken

Analysen von Mondgestein und spektro­skopische Daten belegen über­raschend hohen all­gemeinen Wasser­anteil.

Die Geburt des Mondes war dramatisch: Bei der Kollision eines etwa mars­großen Planeten mit der Proto-Erde entstand der Erdtrabant aus den glühenden Resten der Kollisions­partner, die um die neuge­borene Erde kreisten. Aufgrund der hohen Tempera­turen sind dem Mond damals viel Wasser­stoff und andere leichte Elemente verloren gegangen. Eine wichtige, aber nur teilweise geklärte Frage der Mond­forschung besteht nun darin, was genau während der Agglo­meration und der darauf folgenden Abkühlung des Mondes mit den leicht­flüchtigen Substanzen passiert ist. Diese Frage ist ins­besondere deshalb von Bedeutung, weil ins­besondere ein höherer Wasser­anteil in der Mondkruste eine wichtige Ressource für bemannte länger­fristige Mond­missionen darstellen würde: Der Transport größerer Mengen Wasser ist ein deut­licher Kosten­faktor und ließe sich spürbar redu­zieren, wenn man auf dem Mond Wasser gewinnen könnte.

Abb.: Wasser auf dem Mond: Die eingefärbten Gebiete besitzen einen besonders hohen Wasseranteil. Gelb und rot zeigen die höchsten Konzentrationen. (Bild: Milliken Lab, Brown U.)

Gleich zwei Forscher­teams präsentieren hierzu nun neue Erkennt­nisse, die einerseits auf einen etwas feuch­teren Mond hinweisen, als bisherige Modelle es erwarten ließen, und die anderer­seits neues Licht auf die Art und Weise werfen, wie der Mond einen guten Teil seiner leicht­flüchtigen Elemente verlor. Das versöhnt wider­sprüchliche Messungen aus der Vergangen­heit zumindest teilweise: Denn neuere Analysen ver­schiedener Gesteins­proben der Apollo-Missionen hatten deutlich höhere Wasser­konzen­trationen ergeben, als nach Mondbildungs­modellen hätten vorliegen dürfen. Es war aber nicht klar, ob die Apollo-Gesteine eine reprä­sentative Probe für Mondgestein dar­stellen oder ob sie nur zufällig so viel Wasser enthalten.

Ralph Milliken und Shuai Li von der Planetary Geo­sciences Group der Brown Uni­versity in Providence unter­suchten hierzu Daten des Moon Minera­logy Mapper. Dieses Instrument befand sich auf Chandrayaan-1, der ersten indischen Mondsonde, und war ein Beitrag der NASA zu dieser Mission. Chan­drayaan-1 umkreiste den Mond ab Herbst 2008 ein knappes Jahr lang insgesamt rund 3400 Mal, bevor technische Probleme an wichtigen Kompo­nenten auftraten, schließ­lich die Kontrolle verloren ging und die Mission beendet wurde. Angesichts der geringen Kosten – es war die bislang günstigste Mond­mission – und der erzielten Resultate galt Chan­drayaan-1 dennoch als großer Erfolg.

Insbesondere bei Wellen­längen rund um drei Mikro­meter lässt sich Wasser anhand von Absorptions­spektren nachweisen. In diesem Bereich ist auch Moon Mineralogy Mapper sensitiv. Aller­dings liegt im Wellen­längen­bereich oberhalb von zwei Mikro­metern auch starke thermische Strahlung vor, so dass die Bestimmung des Wasser­anteils schwierig ist. Die Wissen­schaftler konnten hier neue Methoden zur Korrektur ther­mischer Strahlung in diesem Wellen­längen­bereich nutzen, um diese Fehler auszu­gleichen.

Das Problem bei der Bestimmung der lunaren Wasser­konzentration: Auf spektro­skopischen Aufnahmen durch Mond­orbiter verfälscht der Wasser-Eintrag durch den Sonnenwind die Messungen. Dieser beliefert zwar nur eine dünne Schicht mit Wasser­molekülen, gaukelt dadurch aber eine höhere Wasser­konzentration vor, als sie im Innern des Mondes vorliegt. Die beiden Forscher der Brown University konnten auch diesen Einfluss korrigieren und fanden vor allem in alten pyro­klastischen Strömen über­raschend viel Wasser: Über große Flächen verteilt betrug die Konzen­tration 150 ppm, an einigen Stellen sogar 300 bis 400 ppm. Das bestätigt die Werte der Gesteins­proben auch deshalb, weil die Messungen aus dem Mondorbit vergleich­bare Wasser­mengen sowohl in Nähe der Apollo-Lande­zonen als auch in größerer Entfernung vorfand. Offenbar ist das Mond­innere feuchter als vermutet und Vulkan­ausbrüche haben dieses Material immer wieder an der Oberfläche verteilt. Für künftige Mond­ssionen lassen sich aus diesen Ergeb­nissen einige interessante Erkennt­nisse ableiten: So bieten sich wohl vor allem größere pyro­klastische Ströme für die Suche nach Wasser an.

In einer zweiten Studie haben Chizu Kato und Frédéric Moynier von der Université Sorbonne unter­sucht, welche Prozesse auf dem Mond zum Verlust seiner leicht­flüchtigen Elemente geführt haben. Auch wenn Mond und Erde sich in ihrer Isotopen­verteilung sehr ähnlich sind und die Kollision zwischen den ursprüng­lichen Himmels­körpern in der Frühzeit unseres Sonnen­systems stattfand, lassen sich anhand der leichten Isotope doch Abfolgen der damaligen Ereig­nisse ermitteln.

Die beiden Forscher verglichen hierzu die Massen­anteile der beiden stabilen Gallium-Isotope Ga-69 und Ga-71. Da Gallium auf der einen Seite eine niedrige Kondensations­temperatur besitzt und anderer­seits bei magma­tischen Prozessen sein Isotopen­verhältnis nicht ändert, eignet es sich gut als Indikator für heiße planetare Eva­porations­prozesse. Auch Zink und Magnesium zogen die Forscher als Vergleich heran, da diese Elemente bei früheren Unter­suchungen der Gesteins­proben schon genau unter­sucht wurden.

Die Ergeb­nisse weisen auf ein einziges starkes Evaporations­ereignis hin. Aller­dings lässt sich noch nicht klar sagen, ob der Verlust der leichten Elemente bei der Kollision der Himmels­körper und der darauf folgenden Bildung des Mondes aus den Planeten­trümmern oder etwas später während einer heißen frühen Phase der Mondge­schichte stattfand, als unser Begleiter von einem Magma-Ozean bedeckt war. Die Daten sprechen aber gegen einen wieder­holten Verlust leicht­flüchtiger Substanzen.

Dirk Eidemüller

JOL

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