Trüber Drink
Ouzo-Effekt offenbart im Detail vier verschiedene Phasen bei der Mischung von Anisschnaps mit Wasser.
Warum wird Wasser eigentlich milchig, sobald man es mit Ouzo, Raki oder Pastis mischt? Ein Forscherteam rund um den Detlef Lohse von der University of Twente im niederländischen Enschede kennt die Antwort. Er und sein Team haben den dem Phänomen zugrundeliegenden Prozess nun unter dem Mikroskop sichtbar gemacht. Innerhalb von weniger als 15 Minuten durchläuft ein Tropfen Ouzo auf einer wasserabstoßenden Oberfläche bei Raumtemperatur vier Lebensphasen. Unter dem Mikroskop und im Zeitraffer entstehen so interessante Bilder, die die Dynamik des Ouzo-Effekts erahnen lassen.
Abb.: Milchige Schlieren erzeugt ein transparenter Ouzo-Tropfen in Kontakt mit Wasser (Bild: U Twente)
Ouzo kommt transparent aus der Flasche. Sobald man den griechischen Anisschnaps mit Wasser mischt, ändert er jedoch unmittelbar sein Aussehen. Das Getränk setzt sich aus Wasser, Alkohol und Anisöl zusammen. Des Rätsels Lösung: In dem Gemisch von Alkohol und Wasser variiert die Löslichkeit des Öls. Wird Ouzo nun mit zusätzlichem Wasser gemischt, nimmt sie ab. In Folge bildet das Öl in der Flüssigkeit Nanotröpfchen, die wachsen und zu größeren Mikrotropfen werden. Diese Tropfen wiederum reflektieren das Licht anders und die Flüssigkeit im Glas erscheint nicht länger transparent sondern milchig.
Lohse hat gemeinsam mit seinen Kollegen vom MESA+-Instituts der Universität Twente, das sich unter anderem mit der Physik von Flüssigkeiten beschäftigt, sowie Forschern von der Technischen Universität Eindhoven den Ouzo nun etwas detaillierter angeschaut. Genauer gesagt: Einen Tropfen Ouzo auf einer wasserabweisenden Oberfläche mikroskopisch untersucht. Innerhalb von weniger als 15 Minuten laufen im Tropfen komplexe Prozesse ab, die die Forscher in vier Phasen unterteilt haben. Auch hier ist die Flüssigkeit zunächst transparent, dann beginnt der Alkohol vom Rand des Tropfens her zu verdampfen, der Nettowassergehalt der Flüssigkeit steigt. Am Rand beginnt der Ouzo-Effekt. Erst entstehen einzelne Anisölmikrotröpfchen, die dann zu einem Ring aus Anisöl verschmelzen, der sich nach innen nach und nach zu zieht. Bereits während der Alkohol verdampft, sind innerhalb des Tropfens rasend schnelle Bewegungen der Anisölmikrotröpfchen zu beobachten, die den Ouzotropfen milchig erscheinen lassen. Die Bewegung wird durch Unterschiede in der Oberflächenspannung hervorgehoben. Während des Verdampfens zieht sich der Tropfen zusammen und verändert seine Form. Danach verdampft auch das Wasser, bis schließlich nur noch ein kleines Tröpfchen Öl übrig bleibt. Dann ist die Flüssigkeit wieder transparent.
Die ersten drei Phasen mit ihren komplexen Prozessen laufen am schnellsten ab. In rund zwei Minuten verdampft der Alkohol, die schnellen Bewegungen beginnen, der Ouzo-Effekt entsteht und der Tropfen beginnt seine Form zu verändern. Die restliche Verdampfung erfordert rund zwölf Minuten. Die Erkenntnisse, die sich auf die Trennung der drei Bestandteile der Flüssigkeit, beziehen sind in der Praxis dafür geeignet, mit Hilfe der Flüssig-Flüssig-Extraktion gezielt Stoffe aus Flüssigkeiten zu gewinnen. Durch die genaue Beobachtung der vier Phasen können günstige Voraussetzungen für eine effektivere Extraktion gefunden werden. Anwendbar ist das Wissen unter anderem in der medizinischen Diagnostik. Zudem versprechen die Ergebnisse auch verbesserte Einsichten in Tintenstrahl- und 3-D-Druckverfahren, bei den komplexe Mischungen von Flüssigkeiten verwendet werden.
U Twente / JOL