11.12.2014

Tschuri und die Wasser-Debatte

Messungen von Rosettas Instrument Rosina stößt Fragen über die Herkunft des Wassers auf der Erde wieder an.

Die Frage nach der Herkunft des Wassers auf unserem Planeten ist eine der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Entstehung der Erde und des Lebens. Gemäß der am weitesten verbreiteten Theorie gelangte das Wasser durch Einschläge von Kometen und Asteroiden auf die Erde. Daten vom Instrument Rosina der Universität Bern zeigen nun, dass unser Wasser nicht von Kometen wie Tschuri stammt.

Abb.: Zwei Doktorandinnen führen Tests mit dem Massenspektrometer Rosina-DFMS durch, dem Duplikat des Instruments, das an Bord der Rosetta-Sonde ist. Das DFMS hat das D/H-Verhältnis auf dem Kometen Chury gemessen. (Bild: U. Bern)

Forscher sind sich einig, dass das Wasser auf der Erde von kleinen Körpern stammen muss. Diese schlugen in einer späten Phase der Erdentstehung auf unseren Planeten ein. Es ist jedoch nicht klar, welche Art von kleinen Körpern dafür verantwortlich ist. Es gibt drei Möglichkeiten: Asteroiden aus der Region von Jupiter, Kometen der Oort’schen Wolke, die diesseits von Neptun gebildet wurden, oder Kometen aus dem Kuiper-Gürtel, die sich jenseits von Neptun gebildet haben.

Der Schlüssel, um die Herkunft des Wassers zu bestimmen, liegt in der Messung der Isotopenverhältnisse des Wassers. Anhand des Verhältnisses von Deuterium zu Wasserstoff können Forscher bestimmen, an welchem Ort im Sonnensystem ein Objekt entstanden ist. Indem sie das D/H-Verhältnis des Wassers auf der Erde, 1,5 × 10–4, mit demjenigen anderer Objekte vergleichen, lassen sich Rückschlüsse auf die Herkunft unseres Wassers ziehen.

Das Messinstrument Rosina von der Universität Bern ist Teil der Rosetta Mission und hat die Zusammensetzung des Wasserdampfs vor Ort auf 67P/Churyumov-Gerasimenko gemessen. Demzufolge unterscheidet sich das Wasser auf dem Kometen signifikant von demjenigen auf der Erde. Das D/H-Verhältnis auf dem Kometen ist mehr als dreimal so hoch wie jenes auf der Erde: 5,3 × 10–4. Es gehört zu den höchsten D/H-Verhältnissen, die je gemessen wurden. Damit ist es sehr unwahrscheinlich, dass Kometen wie 67P verantwortlich sind für das Wasser auf der Erde. „Uns war klar, dass die Analysen von Rosetta Überraschungen für die Sonnensystemforschung mit sich bringen würden. Dieses außerordentliche Resultat wird die Debatte um die Herkunft des Wassers sicherlich anheizen“, meint Matt Taylor, wissenschaftlicher Leiter von Rosetta bei der ESA.

1986 gelang es den Massenspektrometern an Bord der europäischen Raumsonde Giotto zum ersten Mal, das D/H-Verhältnis des Wassers eines Kometen – Halley – zu bestimmen. Schon damals stammten die vor Ort gemessenen Resultate vom Physikalischen Institut, Abteilung Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern. Das D/H-Verhältnis von Halley, einem Kometen aus der Oort’schen Wolke, war zweimal so hoch wie dasjenige der Erde. Die damalige Schlussfolgerung war, dass irdisches Wasser nicht von Kometen der Oort’schen Wolke stammen kann. In den darauf folgenden zwanzig Jahren konnte das D/H-Verhältnis des Wassers von verschiedenen anderen Kometen der Oort’schen Wolke aus der Distanz gemessen werden. Alle zeigten ein ähnliches D/H-Verhältnis wie Halley. Die Modelle, dass Kometen der Ursprung des Wassers auf der Erde seien, verloren an Befürwortern.

Dies änderte sich, als das ESA-Weltraumteleskop Herschel das D/H-Verhältnis des Kometen Hartley-2 gemessen werden konnte. Dieser Komet stammt vermutlich aus dem Kuiper Gürtel. Sein D/H-Verhältnis liegt überraschenderweise sehr nahe an demjenigen der Erde. Den meisten Modellen über das frühe Sonnensystem nach haben Kometen aus dem Kuiper-Gürtel ein noch höheres D/H-Verhältnis im Wasser als diejenigen aus der Oort’schen Wolke. Objekte aus dem Kuiper-Gürtel sind weiter weg von der Sonne und somit in kälteren Regionen entstanden als Kometen aus der Oort’schen Wolke. Denn diese kamen ursprünglich aus der sonnennäheren Saturn-Neptun-Region und sind erst später an den äußersten Rand des Sonnensystems gewandert.

Aufgrund der neuen Erkenntnisse der Rosetta-Mission wird es wahrscheinlicher, dass das Wasser auf unserem Planeten von Asteroiden stammt, die näher an der Erdumlaufbahn sind. Möglicherweise konnte die Erde einen Teil ihres ursprünglich vorhandenen Wassers als Kristallwasser in Mineralen und an den Polen bewahren. „Unsere Erkenntnisse widersprechen auch der Idee, dass alle Kometen der Jupiter-Familie Wasser enthalten, das demjenigen unserer Ozeane entspricht. Diese Himmelskörper wurden möglicherweise über ausgedehntere Regionen gebildet als ursprünglich angenommen, was zu verschiedenen D/H-Verhältnisse im Wasser führte. Unsere Resultate unterstützen also vielmehr Modelle, die Asteroiden als Lieferanten des Wassers auf der Erde haupt- oder teilverantwortlich machen“, sagt Kathrin Altwegg, hauptverantwortliche Projektleiterin des Rosina Instruments.

U. Bern / OD

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