Tunnelblick auf das Spiel der Elektronen
Rastertunnelmikroskope liefern Einblicke in den Kondoeffekt.
Rastertunnelmikroskope liefern Einblicke in den Kondoeffekt.
Einen neuen Blick auf das Zusammenspiel von Elektronen erlangte ein Team von Forschern des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe, des Max-Planck-Instituts für Physik komplexer Systeme und der TU Braunschweig. Sie untersuchten das Metall Ytterbiumrhodiumsilicid (YbRh2Si2) mit einem Rastertunnelmikroskop, während sie es allmählich abkühlten.
Abb.: Die Tunnelleitfähigkeit für verschiedene Temperaturen. Die drei Pfeile markieren die Energiebänder der Kristallfeldaufspaltung, die Linie das Signal des vermuteten Kondo-Gitters. (Bild: S. Ernst et al., Nature)
Je weiter sie die Probe abkühlten, desto markanter traten in der Strom-Spannungskurve des Tunnelstroms bestimmte Strukturen hervor. „Eindeutig können wir drei Peaks zuordnen, die bei markanten Energien auftreten“, sagt Steffen Wirth aus Dresden. Bei -17, -27 und -43 Millivolt tunneln demnach relativ viele Elektronen von der Probe in die Mikroskopspitze, was den Elektronenbändern der Kristallfeldaufspaltung entspricht. Dies zeigt, dass die Forscher im auch Eigenschaften des Probeninneren messen können, obwohl Rastertunnelmikroskope besonders empfindlich für die Eigenheiten der Oberfläche sind.
Weiterhin konnten sie beobachten, dass bei tiefen Temperaturen fast kein Strom zwischen der Probe und der Spitze des Tunnelmikroskops mehr fließt. Diesen Rückgang führen die Forscher auf den Kondo-Effekt an einzelnen Ytterbium-Atomen zurück. Die 4f Elektronen, die an den Ytterbium-Atomen festsitzen, formen mit Leitungselektronen, die den Strom transportieren, bei Temperaturen von etwa minus 170 Grad Celsius Quasiteilchen. Die Spins der Leitungselektronen sind dabei genau umgekehrt zu den Spins der lokalen 4f-Elektronen gerichtet und schirmen so die magnetischen Momente der 4f-Elektronen ab. Da die Quasipartikel verglichen mit einem einzelnen Elektron recht schwer sind, werden Materialien mit solchen Eigenschaften „Schwere-Fermionen-Metalle“ genannt. „Wir gehen davon aus, dass bei Temperaturen unter minus 170 Grad Celsius immer weniger Leitungselektronen zur Tunnelleitfähigkeit beitragen, weil sie zunehmend in Quasiteilchen gebunden sind“, sagt Wirth.
Weniger eindeutig können die Wissenschaftler das letzte auffällige Detail der Tunnelstrom-Kurve interpretieren: ein Buckel bei -6 Millivolt, der die Strom-Spannungskurve bei minus 268 Grad Celsius deutlich ausbeult. Sie halten dieses Artefakt für den Zusammenschluss der Quasipartikel zu einem Kondo-Gitter. Die Quasipartikel führen in dem Material dann kein isoliertes Dasein mehr, sondern wechselwirken untereinander und formen ebenfalls ein Energieband – so die Vermutung. Berechnungen, die sie parallel zu ihren Experimenten vorgenommen haben, sagen jedoch das Signal bei etwa -2 Millivolt voraus.
MPG / KK