23.07.2014

Turbo fürs Vakuum

Theoretiker schlagen Methode vor, um Vakuumfluktuation dramatisch zu verstärken.

Der leere Raum ist nicht so leer wie man meinen könnte. In Wirklichkeit ist das Vakuum eine blubbernde Suppe aus virtuellen Teilchen, die spontan entstehen und wieder verschwinden. Doch sie können messbare Auswirkungen haben. Auf sehr kurzen Distanzen können Vakuumfluktuationen zu einer Anziehung zwischen Atomen und Molekülen führen, den Van-der-Waals-Kräften. Sogar die Fähigkeit eines Geckos an glatten Oberflächen nach oben zu klettern hat teilweise mit Vakuumfluktuationen und virtuellen Teilchen zu tun. Der berühmte Casimir-Effekt ist ein weiteres Beispiel für die Macht des Vakuums: Wie Hendrik Casimir 1948 berechnete, ziehen sich parallele Spiegel im leeren Raum einander an, aufgrund der Art, wie sie das Vakuum um sie herum beeinflussen.

Abb.: Zwei Atome tauschen ein virtuelles Photon aus – der leere Raum um sie herum ist gar nicht so leer, wie man meinen könnte. (Abb.: TU Wien)

Zwei Atome, die nahe beisammen liegen, verändern ebenfalls das Vakuum in ihrer Umgebung. Eines von ihnen kann ein virtuelles Photon emittiert, das praktisch instantan vom anderen Atom absorbiert wird – betrachtet auf einer Zeitskala, die größer ist als die kurze Lebensdauer des Photons hat sich eigentlich nichts geändert. Die Gesamtenergie ist gleich geblieben. Doch alleine schon durch den Austausch der virtuellen Teilchen ändert die Eigenschaften des Vakuums um die Atome, und das führt zu einer Kraft.

„Normalerweise sind solche Kräfte sehr schwer zu messen. Das liegt zum Teil daran, dass ein Photon in jede Richtung emittiert werden kann und dass die Chance für das Photon, vom zweiten Atom absorbiert zu werden, sehr gering ist“, sagt Igor Mazets, der am Atominsitut der TU, am Wolfgang-Pauli-Institut Wien und am Ioffe-Institut in St. Petersburg tätig ist. Aber was geschieht, wenn man dem virtuellen Teilchen hilft, den richtigen Weg zu finden? Zusammen mit Ephraim Shahmoon und Gershon Kurizki vom Weizmann-Insitut in Rehovot berechnete Mazets, wie sich die Vakuumkräfte ändern, wenn sich die Atome unmittelbar bei einer gekühlten elektrischen Transmissionsleitung aufhalten, etwa bei einem Koaxialkabel oder einem koplanaren Wellenleiter – ein Element, das in der Resonator-Quantenelektrodynamik schon heute als offene Leitung verwendet wird. „In diesem Fall sind die Fluktuationen effektiv auf eine Dimension beschränkt“, sagt Mazets. Die virtuellen Teilchen sind dazu gezwungen, sich in Richtung des anderen Atoms zu bewegen.

In diesem Fall ist die Kraft zwischen den Atomen, die durch die Fluktuationen entsteht, um Größenordnungen stärker als im leeren Raum. Normalerweise nimmt die Kraft mit zunehmendem Abstand zwischen den Atomen rasch ab. Durch die Transmissionsleitung fällt die Kraft nur noch mit der dritten Potenz statt wie gewöhnlich mit der siebten Potenz des Abstands. Den Forschern zufolge kann das von ihnen vorgeschlagene Konzept für die Verstärkung der Kraft von Vakuum-Fluktuationen sehr wesentliche Auswirkungen auf unser Verständnis von Casimir- und Van-der-Waals-Kräften haben. Die Effekte könnten sich sogar für Anwendungen im der Quanteninformation und anderen aktuellen Quantentechnologien einsetzen lassen.

TU Wien / OD

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