05.07.2018

Ultrakalte Atome und ultraschnelle Laser

Entstehung von Ionen in ultra­kalten Atom­wolken beob­achtet.

Vor mehr als einem Jahrhundert verfasste Albert Einstein eine theore­tische Arbeit, in der er die Photo­ioni­sa­tion von Materie beschreibt und für die er 1921 den Nobel­preis erhielt. Es stellte sich aller­dings heraus, dass dieser Prozess im Detail sehr komplex sein kann und eine experi­men­telle Ver­mes­sung der abso­luten Ionisa­tions­wahr­schein­lich­keiten kaum möglich war. Die Arbeits­gruppen von Markus Drescher und Klaus Seng­stock von der Uni Hamburg brachten nun erst­mals die Exper­tisen aus der Forschung mit ultra­kalten Atomen und die Phäno­mene der Ultra­kurz­zeit­physik zusammen und erschlossen so einen grund­sätz­lich neuen experi­men­tellen Zugang.

Abb.: Ultrakurze Laserpulse zur Unter­suchung der Stark­feld­ioni­sa­tion mit ultra­kalten Atomen. (Bild: P. Wessels, UHH)

Ultrakurze Laserpulse können so intensiv sein, dass sie Atome aus­ein­ander reißen. Dieser Prozess wird Stark­feld-Photoioni­sa­tion genannt und läuft je nach Puls­energie und Farbe des Laser­lichts unter­schied­lich ab. Nicht immer ist dabei klar, welcher Ioni­sa­tions­prozess domi­niert. Mit­hilfe ultra­kalter Atome ist es dem Forschungs­team jetzt gelungen, genau hin­zu­gucken, denn sehr kalte Atome bewegen sich nach dem Ioni­sa­tions­prozess prak­tisch nicht und erlauben daher eine präzise Messung.

Die Forscher kühlten zunächst Rubidium-Atome mittels Laserlicht auf ultra­kalte Tempe­ra­turen von hundert Nano­kelvin. Ein inten­siver, ultra­kurzer Laser­blitz beleuch­tete für 215 Femto­sekunden einen Teil der Rubidium-Wolke und ioni­sierte einige Atome. Mit­hilfe einer Kamera konnte die ver­bleibende atomare Dichte abge­bildet und die Anzahl der ioni­sierten Atome präzise gemessen werden.

Insbesondere konnten die Wissenschaftler beobachten, dass die atomare Bindung im optischen Licht­feld so schnell modi­fi­ziert wird, dass die Atom­hülle der Oszil­la­tion des Licht­felds nicht folgen kann. Bei der Ioni­sa­tion absor­biert das Atom daher im Wesent­lichen mehrere Photonen gleich­zeitig. „Die Ergeb­nisse ebnen den Weg zu weiteren Experi­menten, die ultra­kurze Laser­pulse zur Erzeu­gung von Ionen und Elek­tronen in ultra­kalten Atom­wolken benutzen“, erklärt Philipp Wessels aus dem Team Seng­stock. „Das geht dann in die Richtung Präzi­sions­messung von ultra­schnellen Pro­zessen mit­hilfe von ultra­kalten Atomen, da diese in der Regel ein experi­men­tell sehr gut kontrol­lier­bares System dar­stellen.“ Diese Erkennt­nisse könnten auch zur Reali­sie­rung eines Quanten­computers auf Basis von ultra­kalten Ionen beitragen, der bestimmte Auf­gaben schneller als ein konven­tio­neller Computer lösen kann.

Parallel zum Experiment wurde der Ionisationsprozess in einer inter­natio­nalen Koopera­tion mit Forschern in Russ­land und Spanien theore­tisch berechnet. Die Wissen­schaftler model­lierten dazu die quanten­mecha­nische Wechsel­wirkung zwischen Atom und Licht­feld: Die theore­tische Vor­her­sage stimmt perfekt mit den gemes­senen Daten überein.

UHH / RK

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