01.11.2022

Ultrakalte Mini-Tornados

Beobachtung von Quanten-Wirbel als eindeutiger Hinweis für Suprafluidität.

Ein Team von Quanten­physikern um Francesca Ferlaino hat eine neue Methode entwickelt, mit der Wirbel in dipolaren Quantengasen beobachtet werden können. Diese Quanten-Wirbel gelten als eindeutiger Hinweis für Supra­fluidität, das reibungsfreie Strömen eines Quanten­gases, und wurden nun erstmals an der Univer­sität Innsbruck in dipolaren Gasen experimentell nachgewiesen.

Abb.: Illustration der Dichte­verteilung eines rotierenden dipolaren...
Abb.: Illustration der Dichte­verteilung eines rotierenden dipolaren Bose-Einstein-Kondensats mit quantisierten Wirbeln. (Bild: Ella Maru Studio / U. Innbruck)

Wirbel sind in der Natur allgegen­wärtig: Durch Rühren lassen sich Wasserstrudel erzeugen. Wird die Atmosphäre aufgewühlt, können gewaltige Tornados entstehen. So verhält es sich auch in der Quantenwelt, nur dass dort viele identische Wirbel gleichzeitig entstehen – der Wirbel ist quantisiert. In vielen Quanten­gasen konnten solche quantisierten Wirbel bereits nachgewiesen werden. „Das ist deshalb interessant, weil solche Wirbel ein klarer Hinweis für das reibungs­freie Strömen eines Quantengases – die Supra­fluidität – sind“, sagt Francesca Ferlaino vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanten­information der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften. 

Ferlaino forscht mit ihrem Team an Quantengasen aus stark magne­tischen Elementen. Für solche dipolaren Quantengase, in denen die Atome stark wechselwirken, konnten die Quanten-Wirbel bisher noch nicht nach­gewiesen werden. Die Wissenschaftler haben nun eine neue Methode entwickelt: „Wir nutzen die Richtungs­abhängigkeit unseres Quanten­gases aus Dysprosium, dessen Atome sich wie viele kleine Magneten verhalten, um das Gas umzurühren“, erklärt Manfred Mark. Dazu legen die Wissenschaftler ein Magnetfeld so an ihr Quantengas an, dass dieses zunächst runde, pfann­kuchenartig geformte Gas aufgrund von Magneto­striktion elliptisch verformt wird.

Diese ebenso einfache wie wirkungs­volle Idee geht auf einen theoretischen Vorschlag zurück, den ein Theorieteam der Universität Newcastle unter der Leitung von Nick Parker vor einigen Jahren gemacht hatte. „Indem wir das Magnetfeld drehen, können wir das Quantengas rotieren lassen“, erklärt Lauritz Klaus. „Wenn es sich schnell genug dreht, dann bilden sich im Quantengas kleine Wirbel aus. So versucht das Gas, den Drehimpuls auszugleichen.“ Bei ausreichend hoher Rotations­geschwindigkeit bilden sich entlang des Magnetfelds auffällige Streifen mit Wirbeln. Diese sind ein besonderes Charak­teristikum dipolarer Quantengase und wurden nun an der Universität Innsbruck zum ersten Mal beobachtet.

Die neue Methode soll in Zukunft zur Untersuchung der Supra­fluidität in supra­soliden Zuständen eingesetzt werden, in denen Quantenmaterie gleichzeitig fest und flüssig ist. „Es ist immer noch eine große offene Frage, inwieweit die neu entdeckten supra­soliden Zustände tatsächlich supraflüssig sind, und diese Frage ist heute noch sehr wenig erforscht.“ 

U. Innsbruck / JOL

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