20.09.2013

Ultraschall aus Licht

Licht hat in der medizinischen Bildgebung keine große Anwendung gefunden. Ein neues Verfahren bietet der photoakustische Effekt, bei dem Licht Ultraschall erzeugt.

Jeder hat schon einmal die eingeschaltete Taschenlampe mit der Hand abgedeckt und festgestellt, dass sichtbares Licht durchaus menschliches Gewebe durchdringt. Schon vor der Entdeckung der Röntgenstrahlung wurde versucht, mit Licht in den menschlichen Körper hineinzuleuchten – zum Beispiel bei der Untersuchung des Kehlkopfes. Mit dieser Diaphanoskopie wird heute noch untersucht, ob die Nasennebenhöhlen verstopft sind.

Eine breite Anwendung von Licht in der medizinischen Bildgebung existiert jedoch nicht, dabei ist seine Wechselwirkung mit Gewebe durchaus attraktiv. Beispielsweise kann man spektroskopisch gezielt chemische Verbindungen nachweisen. In Gewebe lassen sich im wesentlichen vier Absorptionsbanden identifizieren: Im nahen Infrarot absorbieren reduziertes Hämoglobin bei 760 nm und oxidiertes Hämoglobin bei 840 nm, bei 930 nm beobachtet man Schwingungen der Methylengruppen von Fettsäuren und bei 975 nm Schwingungen der OH-Gruppen von Wasser. Durch Messung der Absorption bei 760 nm und 840 nm kann man also Aussagen zur Durchblutung und Sauerstoffversorgung gewinnen.

Das Problem ist jedoch, dass sich Licht im Gewebe nicht geradlinig ausbreitet, sondern stark gestreut wird. Scharf abbilden kann man nur Gewebeveränderungen, die dicht an der Oberfläche liegen. Moderne Technik eröffnet jedoch Möglichkeiten, den Effekt der Lichtstreuung im Gewebe wirksam zu kompensieren. Am Austrittspunkt von Licht, das zuvor in Gewebe eingestrahlt wurde, haben die Photonen, die auf dem direkten Weg dorthin gelangen, eine kürzere Laufzeit als die gestreuten. Tastet man also ein Objekt mit Lichtimpulsen ab und misst allein den Anfang des empfangenen Impulses, dann weist man nur die wenig gestreuten (ballistischen) Photonen nach. So kann man tiefer gelegene Strukturen darstellen. Doch trotz des immensen technischen Aufwands – es sind Zeitfenster von einigen zig Picosekunden erforderlich – versagt das Verfahren bei dickeren Gewebeschichten. Nach etlichen Zentimetern sind nämlich sämtliche ballistischen Photonen durch Streuung verloren gegangen.

Da ist die Nutzung des altbekannten photoakustischen Effekts schon aussichtsreicher, wie ein Artikel in der jüngsten Ausgabe von Physik in unserer Zeit belegt. Die Ortsauflösung wird hier durch das Schallfeld vermittelt, das sich ausbildet, wenn ein Lichtimpuls von einer chemischen Verbindung absorbiert wird. Man nutzt also die Eigenschaften zweier Felder zur Bildgebung: Licht definierter Wellenlänge, um gezielt eine Molekülart zu adressieren, und Schall, um den Ort der Moleküle nachzuweisen. Beeindruckende Bilder der Kapillargefäße unter der Haut und von kleinen Tieren wurden so erzielt.

Photoakustisches Tomographiebild eines Zebrafisches (Foto: G. Paltauf, Univ. Graz).

Eigentlich ist diese Methode ein weiteres Beispiel für den von Paul Christian Lauterbur geprägten Begriff Zeugmatographie für „das, was zusammenführt“ (aus dem Altgriechischen). Dieser Begriff konnte sich nicht durchsetzen, weil er etwas kryptisch ist. Lauterbur benutzte ihn für die Magnetresonanztomographie (MRT), für deren Erfindung er 2003 den Medizin-Nobelpreis erhielt. Dabei ermöglichen ein Hochfrequenz- und ein Magnetfeld die Bildgebung über den Effekt der Kernspinresonanz, in der photoakustischen Tomographie sind es das Licht- und das Schallfeld, die „zusammenführen“.

Trotz der bereits vorliegenden Aufnahmen von Blutgefäßen unter der Haut mit photoakustischer Tomographie bedarf die Anwendung am Patienten den Nachweis tiefer liegender Strukturen. Dazu zählen Tumore in der weiblichen Brust. Die gut eingeführten Verfahren Röntgen, Ultraschall und Magnetresonanztomographie sind hier der Goldstandard. Ein konkurrierendes Verfahren muss möglichst gleiche oder bessere diagnostizierbare Ergebnisse liefern und kostengünstiger sein. Allein als Ergänzung verlängert es nur die Untersuchungszeit und erhöht den Aufwand - das ist aber selten gerechtfertigt.

Im Hinblick auf die photoakustische Tomographie sollte man sich auch der grundsätzlichen Einschränkungen bewusst sein: Licht wird nun einmal im Gewebe gestreut, in der Tiefe verteilt sich die eingestrahlte Intensität also auf einen großen Bereich. Ob es dann trotzdem gelingt, tief liegende Strukturen so stark anzuregen, dass ein nachweisbares Schallfeld entsteht, ist noch nicht gesichert. Man darf gespannt sein, ob das möglich wird.

Arnulf Oppelt, Spardorf

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