16.01.2023

Ultraschall bewegt winzigen Roboterarm

Prototyp pumpt und mischt winzige Flüssigkeitsmengen.

Roboter mit beweglichen Armen stehen in vielen Industrie­hallen, wo sie mechanische Arbeiten verrichten. Sie lassen sich program­mieren, und ein einzelner Roboter kann für vielfältige Arbeiten verwendet werden. Bisher wenig bis gar nichts mit solchen Robotern zu tun hatten Minisysteme, in denen winzige Flüssigkeits­mengen durch feine Kapillaren fließen und die Forschende beispielsweise für die Labor­diagnostik entwickelt hatten. In der Regel sind es externe Pumpen, welche die Flüssigkeit durch Mikrofluidik-​Chips bewegen. Solche Systeme sind bis heute nur schlecht automati­sierbar, und die Chips müssen für jede Anwendung spezifisch entwickelt und hergestellt werden.

Abb.: Mit einer Glasnadel, die mit Ultraschall in Schwingung versetzt wird,...
Abb.: Mit einer Glasnadel, die mit Ultraschall in Schwingung versetzt wird, lassen sich Flüssigkeiten gezielt bewegen und Partikel einfangen. (Bild: ETHZ)

Wissenschaftler unter der Leitung von Daniel Ahmed an der ETH Zürich vereinen nun klassische Robotik und Mikro­fluidik. Sie entwickelten ein Gerät, das Ultraschall­wellen nutzt und das an einem Roboterarm befestigt werden kann. Es eignet sich für vielfältige Mikro­robotik-​ und Mikro­fluidik-​Anwendungen und lässt sich auch nutzen, um solche Anwendungen zu auto­matisieren. Das Gerät besteht aus einer dünnen und spitzen Glasnadel sowie aus einem piezo­elektrischen Schallwandler, der die Nadel in Schwinung versetzt. Ähnliche Schallwandler kommen zum Beispiel auch in Lautsprechern, bei der Ultraschall­bildgebung oder in professionellen Zahnreinigungs­geräten zum Einsatz.

Die Forscher können bei ihrer Glasnadel die Schwingungs­frequenz variieren. Tauchen sie die Nadel in eine Flüssigkeit, erzeugt die Nadel darin ein drei­dimensionales Muster aus mehreren Wirbeln. Das Muster hängt von der Schwingungs­frequenz ab und kann entsprechend gesteuert werden. Erstens war es ihnen möglich, winzige Tropfen hochviskoser Flüssig­keiten zu mischen. „Je viskoser Flüssig­keiten sind, desto schwerer lassen sie sich mischen“, sagt Ahmed. „Mit unserer Methode gelingt dies aber gut, weil wir damit nicht nur einen Wirbel erzeugen, sondern die Flüssig­keiten mit einem komplexen dreidimen­sionalen Muster aus mehreren starken Wirbeln effizient mischen können.“

Zweitens konnten die Wissen­schaftler Flüssigkeiten durch ein Mini-​Kanal­system pumpen, indem sie ein bestimmtes Muster von Wirbeln erzeugten und die schwingende Glasnadel nahe an die Kanalwand platzierten. Drittens gelang es, mit dem Ultraschall­gerät in der Flüssigkeit befindliche Feinpartikel einzufangen. Dies ist möglich, weil die Partikel abhängig von ihrer Größe unterschiedlich auf die Schallwellen reagieren. Verhältnis­mäßig große Partikel bewegen sich hin zur schwingenden Glasnadel und lagern sich an diese an. Auf diese Weise lassen sich nicht nur unbelebte Partikel einfangen, sondern zum Beispiel auch Fisch­embryonen, wie die Forscher zeigten. Ebenfalls denkbar wäre es, in der Flüssigkeit biologische Zellen einzufangen. „Mikro­skopisch kleine Partikel in den drei Raum­dimensionen gezielt einzufangen und andernorts wieder freizu­lassen war bisher heraus­fordernd. Mit unserem Mikrorobotikarm ist das hingegen einfach möglich“, sagt Ahmed.

„Bisher haben sich die klassische Robotik und die Mikrofluidik separat entwickelt“, sagt Ahmed. „Mit unserer Arbeit tragen wir dazu bei, dass sich die beiden Ansätze nähern.“ Somit könnten Mikro­fluidik-​Systeme in Zukunft ähnlich konzipiert werden wie heutige Robotersysteme: Es reicht ein einziger Apparat, der – entsprechend programmiert – vielseitig einsetzbar ist. In Zukunft werden Mikro­fluidik-​Chips daher nicht mehr für jede einzelne Anwendung speziell entwickelt werden müssen. Als nächstes möchten die Forscher mehrere Glasnadeln kombinieren, um damit in den Flüssig­keiten noch komplexere Wirbel­muster zu erzeugen. Neben der Laboranalytik sind für Ahmed weitere Anwendungen denkbar, etwa das Sortieren von winzigen Objekten. Denkbar wäre auch, die Miniroboterarme in der Biotechno­logie zu nutzen, um damit DNA in einzelne Zellen zu bringen. Und schließlich wäre ein Einsatz in der additiven Fertigung und im 3D-​Druck möglich.

ETHZ / JOL

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