Ultraschnelle Kühlung durch Wasser-Nanotropfen
Effizienter Kühlmechanismus schützt Biomoleküle vor Überhitzung.
Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin haben beobachtet, wie Biomoleküle innerhalb von einer Pikosekunde thermische Energie in kleinste Wassertropfen in ihrer Umgebung übertragen. Hierfür ist eine aus nur drei Wassermolekülen bestehende Hülle um ein Phospholipidmolekül ausreichend.
Abb.: Schematische Darstellung einer aus Phospholipidmolekülen bestehenden inversen Mizelle (links). Die Phosphatgruppen der Lipidmoleküle (blaue Kugeln) sind an der inneren Oberfläche der Mizelle angeordnet, innen befinden sich Wassermoleküle. Vergrößerte Ansicht eines Phospholipidmoleküls (rechts), Sauerstoffatome in rot, Wasserstoff in weiß, Kohlenstoff in grau, Stickstoff in blau und Phosphor in orange. Die gewinkelten Wassermoleküle befinden sich in der Umgebung der Phosphatgruppe (PO4). (Bild: MBI)
Biochemische Prozesse laufen überwiegend in wässriger Umgebung ab. Dabei werden bestimmte Gruppen eines Biomoleküls in eine Hülle aus Wassermolekülen eingebettet, d.h. hydratisiert. Die Wasserhülle stabilisiert die biomolekulare Struktur und ermöglicht den Energieaustausch zwischen Biomolekül und Umgebung. Beispiele für derartige Systeme sind die DNS-Doppelhelix in wässriger Umgebung und die aus Phospholipiden bestehende äußere Membran lebender Zellen.
Forscher des Max-Born-Instituts haben jetzt gezeigt, dass kleinste Wasser-„Tröpfchen“ in der Umgebung eines Lipidmoleküls einen Energietransfer im Zeitbereich unterhalb einer Pikosekunde ermöglichen. Schon drei an die Phosphatgruppe des Lipids gekoppelte Wassermoleküle reichen aus, um Schwingungsenergie aus dem Lipid effizient zu übertragen und in thermische Energie der Wasserhülle zu verwandeln. Dabei wird die Wasserhülle um 10 bis 20 Grad erwärmt. Die thermische Energie steckt vorwiegend in Kippbewegungen der Wassermoleküle, sog. Librationen, und führt zu einer Schwächung der Wechselwirkung zwischen den Wassermolekülen, den sog. Wasserstoffbrücken. Die molekulare Struktur der Wasserhülle bleibt auf der Zeitskala der Energieübertragung nahezu unverändert. Dieser extrem effiziente Mechanismus erlaubt auch die Übertragung größerer Energiemengen und kann so das Lipidmolekül vor Beschädigungen seiner Struktur durch Überhitzung schützen.
Abb.: Schema der Energieübertragung. Zunächst ist die asymmetrische Streckschwingung der Phosphatgruppe angeregt (roter Sauerstoff). Nach dem Zerfall der Schwingungsanregung wird die freiwerdende Energie innerhalb einer Pikosekunde auf die umgebende Wasserhülle übertragen (rote Wassermoleküle H2O). (Bild: MBI)
In den Experimenten wurde ein Phospholipid-Modellsystem untersucht, das aus DOPC-Molekülen besteht (Abb.1). Diese Moleküle sind als sog. inverse Mizellen angeordnet, in deren Innern die Phosphatgruppen (PO4) der Lipidmoleküle hydratisiert werden. Dabei lässt sich der Wassergehalt in weiten Grenzen verändern. Zur Untersuchung des Energietransfers wurde mit Lichtimpulsen von ca. 0,1 ps Dauer entweder eine Phosphatschwingung des Lipids oder die OH-Streckschwingung von Wassermolekülen angeregt. Beide Schwingungen zerfallen in Bruchteilen einer Pikosekunde und geben die dabei freiwerdende Energie an die Wasserhülle ab. Dieser Übertragungs- und Umverteilungsprozess wurde durch Messung transienter zweidimensionaler Schwingungsspektren der OH-Streckschwingung des Wassers verfolgt (Abb. 2). Die Schwächung der Wasserstoffbrücken in der aufgeheizten Wasserhülle führt zu einer Verschiebung der OH-Streckschwingung zu höheren Frequenzen. Aus der zeitabhängigen Veränderung dieser Spektren lässt sich direkt die Dynamik der Energieübertragung ableiten.
MBI / DE