27.03.2020

Ultraschnelle Prozesse in Helium-Tröpfchen

Bewegung eines Moleküls in der schützenden Umgebung einer Quantenflüssigkeit analysiert.

Der Leiter der Arbeitsgruppe „Femtosecond Dynamics“ am Institut für Experimental­physik der Technischen Universität Graz Markus Koch und sein Team entwickeln neue Methoden für die zeitauf­gelöste Femt­osekunden-Laser­­spektroskopie, um ultraschnelle Prozesse in molekularen Systemen zu untersuchen. 2018 gelang der Gruppe erstmals die Beobachtung einer photo­induzierten Reaktion eines Atoms in einer speziellen Umgebung, nämlich im Inneren eines suprafluiden Helium-Nano­tröpfchens. Für ihre Untersuchungen setzten die Forscher ein einzelnes Indiumatom in das Tröpfchen und analysierten die Reaktion des Atoms mit dem Pump-Probe-Prinzip. Dabei wurde das Atom mit einem ultrakurzen Laserpuls angeregt, woraufhin sich die Helium­umgebung im Femtosekunden­bereich an den angeregten Atomzustand anpasste. Ein zeit­verzögerter zweiter Laserpuls verfolgte diese Entwicklung und lieferte Informationen zum Verhalten des Systems.

Ultraschnelle Prozesse in Helium-Tröpfchen

Mit derselben Technik visualisierte Koch gemeinsam mit seinen Kollegen Bernhard Thaler, Pascal Heim und Miriam Meyer nun erstmals die Bewegung von Molekülen im Inneren eines Helium-Nano­tröpfchens. Dazu brachte das Quartett zwei Indiumatome in das Tröpfchen ein, wo sich diese zu einem Molekül verbanden. Durch Photo­anregung wurde im Molekül eine Schwingung ausgelöst, deren Entwicklung mit der zuvor beschriebenen Pump-Probe-Methode beobachtet wurde. Für die Forscher sind dabei zwei Ergebnisse von besonderer Bedeutung: Zum einen konnten sie demonstrieren, dass es mit solchen Experimenten generell möglich ist, ultraschnelle intra­molekulare Prozesse zu beobachten. Zum anderen stellte die Gruppe fest, dass Helium einen viel schwächeren Einfluss auf die Molekül­bewegung hat, als herkömmliche Lösungsmittel wie Wasser oder Methanol.

Intra­molekulare Prozesse werden in der Regel durch die Wechselwirkungen mit der Umwelt beeinflusst. Bei herkömmlichen Lösungsmitteln ist diese Wechselwirkung aber so stark, dass intra­molekulare Prozesse nicht beobachtet werden können, wie Bernhard Thaler erklärt: „Gerade fragile Moleküle zerbrechen oft nach der Anregung, oder werden in ihrer Schwingung gestört. Das ist im Heliumtropfen nach­weislich anders. Dort herrschen Temperaturen von 0,4 Kelvin. Dadurch ist der Einfluss auf das eingebettete Molekül um vieles geringer und es ist möglich, die intra­molekularen Prozesse genau zu beobachten und selbst sehr fragile Moleküle zu untersuchen.“ 

„Wir sehen in Helium-Nano­tropfen ein großes Potenzial, da sie wunderbare Möglichkeiten bieten, molekulare Systeme zu erzeugen“, erklärt Koch. Im nächsten Schritt möchte die Arbeits­gruppe nun komplexere Strukturen erzeugen und beobachten, wie sich die molekulare Schwingung dadurch ändert. „Indium-Moleküle sind sehr einfach aufgebaut. Wir wollen zukünftig techno­logisch relevante und zugleich komplexere Moleküle ansehen und uns so schrittweise an ‚molecular engineering‘ herantasten.“ Das Verfahren könnte lang­fristig dafür genutzt werden, neue Materialien – beispiels­weise für die organische Elektronik – zu entwickeln.  

TU Graz / JOL

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