Unerwarteter Widerstand
Oberflächendefekte beeinflussen Leitfähigkeit topologischer Isolatoren.
Die kleine Kante ist nur rund fünf Atomschichten dick, doch sie reicht aus, um eine feste Theorie ins Wanken zu bringen: An topologischen Isolatoren, den Hoffnungsträgern für Quantencomputer, forschen Projektleiter Christian Bobisch und Sebastian Bauer vom Center for Nanointegration der Universität Duisburg-
Abb.: Dreidimensionale Darstellung der Bi2Se3 Oberfläche. Der Potentialverlauf ist in Falschfarben überlagert. (Bild: S. Bauer & C. A. Bobisch / NPG)
Einige Bauteile elektronischer Schaltungen sind heute nur noch 14 Nanometer groß. Doch hier kommt der Trend zu immer kleineren Komponenten an seine Grenze: In diesen winzigen Dimensionen tauchen zunehmend Quanteneffekte auf, die die klassische, siliziumbasierte Technik unmöglich machen. Für zusätzliche Probleme sorgt die Wärme in den dicht gepackten Schaltungen.
Forscher setzen daher ihre Hoffnungen auf eine neue Materialklasse, die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde: die topologischen Isolatoren. Während diese im Innern isolierend sind, leiten sie gleichzeitig auf ihrer Oberfläche elektrischen Strom. Die bisher anerkannte Theorie besagte, dass diese Leitfähigkeit nicht durch Oberflächendefekte beeinträchtigt wird.
Sebastian Bauer und Christian Bobisch konnten nun einen unerwarteten Effekt nachweisen. Sie gehören zu den wenigen Wissenschaftlern, die die Rastertunnelpotentiometrie beherrschen. Mit dieser Methode kann man mit atomarer Genauigkeit gleichzeitig messen, wie eine Oberfläche beschaffen ist und wo Strom entlang fließt. In ihrer Probe aus Bismutselenid (Bi2Se3) konnten sie zeigen, dass jede nanometerhohe Kante einer rauen Oberfläche wie ein winziger Widerstand wirkt. Insgesamt reduzieren sie die Leitfähigkeit der ganzen Schicht.
Bobisch interpretiert seine Ergebnisse keineswegs als Rückschlag, sondern als zusätzlichen Vorteil: „Wir können nun das Potenzial der topologischen Isolatoren in künftigen Bauelementen realistischer einschätzen. Und es ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Es ist denkbar, mit diesem Wissen die Oberfläche bewusst zu designen – wo soll viel Strom fließen, wo weniger?“ So würden sich Streuverluste verringern und damit automatisch auch die Erwärmung.
UDE / DE