11.05.2016

Unerwarteter Widerstand

Oberflächendefekte beeinflussen Leitfähigkeit topologischer Isolatoren.

Die kleine Kante ist nur rund fünf Atomschichten dick, doch sie reicht aus, um eine feste Theorie ins Wanken zu bringen: An topologischen Isolatoren, den Hoffnungs­trägern für Quanten­computer, forschen Projekt­leiter Christian Bobisch und Sebastian Bauer vom Center for Nano­integration der Universität Duisburg-Essen. Wie die Forscher nach­weisen konnten, beeinflussen Kanten auf der Ober­fläche die elektrische Leit­fähigkeit, indem sie wie kleine Wider­stände wirken. Das öffnet gleich­zeitig die Tür zu einem präzisen elektronischen Ober­flächen­design.

Abb.: Dreidimensionale Darstellung der Bi2Se3 Oberfläche. Der Potentialverlauf ist in Falschfarben überlagert. (Bild: S. Bauer & C. A. Bobisch / NPG)

Einige Bauteile elektronischer Schaltungen sind heute nur noch 14 Nanometer groß. Doch hier kommt der Trend zu immer kleineren Komponenten an seine Grenze: In diesen winzigen Dimensionen tauchen zunehmend Quanteneffekte auf, die die klassische, silizium­basierte Technik unmöglich machen. Für zusätzliche Probleme sorgt die Wärme in den dicht gepackten Schaltungen.

Forscher setzen daher ihre Hoffnungen auf eine neue Material­klasse, die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde: die topologischen Isolatoren. Während diese im Innern isolierend sind, leiten sie gleichzeitig auf ihrer Ober­fläche elektrischen Strom. Die bisher anerkannte Theorie besagte, dass diese Leitfähigkeit nicht durch Ober­flächen­defekte beeinträchtigt wird.

Sebastian Bauer und Christian Bobisch konnten nun einen unerwarteten Effekt nachweisen. Sie gehören zu den wenigen Wissenschaftlern, die die Raster­tunnel­potentio­metrie beherrschen. Mit dieser Methode kann man mit atomarer Genauig­keit gleichzeitig messen, wie eine Ober­fläche beschaffen ist und wo Strom entlang fließt. In ihrer Probe aus Bismut­selenid (Bi2Se3) konnten sie zeigen, dass jede nano­meter­hohe Kante einer rauen Oberfläche wie ein winziger Widerstand wirkt. Insgesamt reduzieren sie die Leit­fähigkeit der ganzen Schicht.

Bobisch interpretiert seine Ergebnisse keineswegs als Rück­schlag, sondern als zusätzlichen Vorteil: „Wir können nun das Potenzial der topologischen Isolatoren in künftigen Bau­elementen realistischer einschätzen. Und es ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Es ist denkbar, mit diesem Wissen die Oberfläche bewusst zu designen – wo soll viel Strom fließen, wo weniger?“ So würden sich Streu­verluste verringern und damit automatisch auch die Erwärmung.

UDE / DE

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