20.10.2016

Ungewisse Landung auf dem Mars

Während sich die ExoMars-Sonde TGO seit gestern Abend auf ihrem Orbit um den Mars befindet, ist das Schicksal der Landeeinheit Schiaparelli noch ungewiss. 

„Hallo Erde, hast du mich vermisst?“ Mit diesen Worten meldete sich der Trace Gas Orbiter (TGO) der ExoMars-Mission gestern Abend in seinem Twitter-Account zurück. Ein wichtiger Teil der kritischen Ankunftsphase bei unserem Nachbarplaneten am 19. Oktober hat damit perfekt geklappt. Das Schicksal der Landeeinheit Schiaparelli hingegen ist bislang unklar. Sie hat sich nach der voraussichtlichen Landung auf dem Mars nicht wie geplant zurückgemeldet. Noch läuft die Auswertung der Daten, die Schiaparelli an sein Mutterschiff TGO gesendet hat.

Seit dem 14. März dieses Jahres flogen der Orbiter TGO und die Landeeinheit Schiaparelli im Rahmen der ersten ExoMars-Mission, welche die ESA und die russische Weltraumorganisation Roskosmos gemeinsam durchführen, in Richtung Mars. Der Orbiter soll aus einer Höhe von 400 Kilometern Spurengase nachweisen, während Schiaparelli die Landetechnik testen soll. Diese wird im zweiten Teil der ExoMars-Mission eine wichtige Rolle spielen, in deren Rahmen ein Rover sicher auf dem Mars landen soll.

Am 16. Oktober hat sich der Lander von der Raumsonde gelöst und ist danach in den Schlafmodus gegangen. Einen Tag später wurde die Flugbahn des Orbiters angehoben, weil er sonst mit dem Mars kollidiert wäre. Alles hat planmäßig geklappt.

Die Kapsel mit ExoMars-Lander Schiaparelli reiste an einem Fallschirm in Richtung Marsoberfläche. Vor dem Auftreffen auf dem roten Planeten brach die Verbindung zum Lander ab. (Bild: ESA)

Spannend wurde es aber am gestrigen Nachmittag: Dem Orbiter TGO stand ein kompliziertes 139-minütiges Manöver bevor, bei dem er um mehr als 5500 km/h abgebremst werden sollte. Am Ende des Manövers sollte die Sonde vom Gravitationsfeld des Mars eingefangen werden und auf einen Orbit um den Planeten einschwenken. Um 18:34 Uhr wurde das erste Signal der Sonde aufgefangen – ein Zeichen dafür, dass der zentrale Teil der Mission fehlerlos funktioniert hat. „Wir haben einen beeindruckenden Orbiter um den Mars – bereit für wissenschaftliche Messungen und zur Unterstützung der ExoMars-Rovermission 2020“, betonte ESA-Generaldirektor Jan Wörner.

Das Signal des Landers dagegen blieb aus. Eine gute Stunde vor der geplanten Landung ist er aus dem Schlafmodus erwacht – dies bestätigte ein Signal, welches das Giant Metrewave Radiotelescope (GMRT) in Indien aufgefangen hat. Demnach fiel die Landeeinheit in Richtung Marsoberfläche. Innerhalb weniger Minuten sollte Schiaparelli von 21.000 km/h auf etwa 10 km/h abbremsen und dabei durch eine zweiteilige Kapsel vor Hitze geschützt werden. Zehn Kilometer sollte der Lander an einem Fallschirm absinken, dann Fallschirm und Schutzschild abtrennen, mit Bremsraketen entschleunigen und die letzten beiden Meter frei fallen, um möglichst sanft in der Marsregion Meridiani Planum zu landen.

Gemäß der bislang analysierten Daten hat die Landeeinheit diesen sechsminütigen Abstieg durch die Marsatmosphäre größtenteils erfolgreich absolviert. Allerdings scheint der Fallschirm sich etwas zu früh geöffnet zu haben. An dieser Stelle gab es die erste Abweichung vom geplanten Landemanöver – was der Grund für diese Abweichung war und was die Folgen davon, ist noch unklar.

Nichtsdestotrotz ist die Mission als großer Erfolg zu werten, denn der Orbiter kann seine wissenschaftliche Mission beginnen. Zudem haben die Sensoren der Landeeinheit das Manöver detailliert verfolgt. Ihre Daten werden Aufschluss darüber geben, was mit Schiaparelli passiert ist und damit helfen, das Landemanöver für den geplanten Rover zu modifizieren. „Vom Standpunkt des Ingenieurs ist es genau das, was wir von einem Test erwarten. Wir haben extrem wertvolle Daten, mit denen wir arbeiten können“, sagte David Parker, ESA-Direktor für bemannte Raumfahrt und robotische Untersuchungen, auf einer Pressekonferenz heute Vormittag. Ein Untersuchungsausschuss wird nun tiefer in den Daten graben. Was genau mit der Landeeinheit passiert ist, lässt sich bislang nur spekulieren...

Update, 24. Oktober 2016: Inzwischen hat der NASA Mars Reconnaissane Orbiter (MRO) Bilder von Schiaparellis geplanter Landestelle mit einer Auflösung von sechs Metern pro Pixel aufgenommen und dabei zwei neue Strukturen ausgemacht: Eine helle Stelle, bei der es sich um den Fallschirm der Landeeinheit handelt, und eine dunkle Stelle, die etwa 15 x 40 Meter groß ist und sich rund einen Kilometer nördlich befindet. Hierbei handelt es sich vermutlich um den Einschlagkrater der Landeeinheit. Nach neuesten Erkenntnissen ist Schiaparelli nicht sanft aus einer Höhe von zwei Metern gelandet, sondern bereits aus einer Höhe von zwei bis vier Kilometern gefallen und mit einer Geschwindigkeit von mehr als 300 km/h auf der Marsoberfläche aufgeschlagen. Möglicherweise ist der Lander sogar explodiert. Bilder mit einer höheren Auflösung wird in dieser Woche HiRISE ermöglichen, die Kamera mit der höchsten Auflösung an Bord von MRO. Hoffnungen auf wissenschaftliche Ergebnisse von Schiaparelli bestehen allerdings nicht mehr...

Maike Pfalz

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