12.05.2017

Ungewöhnliche Lichtabsorption in Graphen

Nichtlinearer optischer Effekt könnte für Kurzpuls-Laser genutzt werden.

Wie verhält sich Graphen, wenn es mit inten­sivem Infrarot­licht bestrahlt wird? Als Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossen­dorf HZDR diese Frage experi­mentell untersuchten, erlebten sie eine Über­raschung: Die hauch­dünne Kohlenstoff-Variante zeigte ein ungewöhn­liches Verhalten bei der Absorp­tion der Strahlung. Von den Erkennt­nissen könnte die Entwicklung von Lasern für die Material­bearbeitung profi­tieren.

Abb.: Für einen Teil ihrer Experimente nutzten die Dresdner Forscher den Freie-Elektronen-Laser FELBE am HZDR-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen. Mit den intensiven Lichtblitzen der Anlage lassen sich Materialzustände auf atomarer Ebene untersuchen.
(Bild: HZDR / O. Killig)

Graphen besteht aus genau einer Lage von Atomen und besitzt außerge­wöhnliche Eigen­schaften: Es ist zugfester als Stahl und leitet elek­trischen Strom ausge­sprochen gut, was es zu einem viel­versprechenden Kandi­daten für künftige Elektronik­bauteile macht. Das Team um Stephan Winnerl interes­sierte sich jedoch für die op­tischen Eigen­schaften. „Graphen absorbiert elektro­magnetische Strahlung über einen weiten Wellen­längen­bereich“, erläutert der HZDR-Physiker. „Das macht es für den Einsatz in Lasern interes­sant.“

In ihrem Projekt unter­suchten die Dresdner Forscher gemeinsam mit Kollegen aus Berlin, Göteborg und Atlanta, auf welche Weise Graphen Infrarot­strahlung absorbiert. Das Besondere an den Kohlen­stoff-Folien: Anders als die meisten Materialien bleiben sie über den gesamten Infrarot­bereich absor­bierend – zumindest, wenn die Inten­sität der ein­fallenden Strahlung nicht zu hoch ist. Über­schreitet diese Intensität jedoch ein gewisses Niveau, lässt auch Graphen die Strahlung passieren – die Experten sprechen vom Ausbleichen, einem nicht­linearen optischen Effekt. Im Gegensatz zum Aus­bleichen von Wäsche oder Kunst­stoffen ist dieser Prozess beim Graphen jedoch nicht dauer­haft. Sinkt die Inten­sität der einfal­lenden Strahlung, wird das Material flugs wieder undurchlässig.

Bei ihren Arbeiten haben die Forscher nun entdeckt, dass sich dieser Prozess in mehreren Schritten vollzieht: Bereits bei einer relativ geringen Intensität der Infrarot­strahlung bleicht das Graphen teilweise aus, wird also ein wenig licht­durchlässiger. Der Grund: „Die Strahlung beein­flusst die Elektronen im Material so, dass sie unter­einander streuen, sich also gegen­seitig wegstoßen“, erklärt Winnerl. „Ab einer bestimmten Strahlungs­intensität tritt dabei eine gewisse Sättigung ein mit dem Effekt, dass das Graphen teil­weise ausbleicht.“

Relevant könnte das Ergebnis für die Laser­technik sein – speziell für Kurzpuls-Laser, wie sie in der Industrie für die Material­bearbeitung Verwendung finden. In manchen Laser­systemen kommt Graphen schon heute als sättig­barer Absorber zum Einsatz. Der Absorber sitzt zwischen den Spiegeln des Lasers, die das Licht hin- und herwerfen. Bei nie­driger Inten­sität dämpft das Graphen das Licht, sodass die für den Laser-Effekt erforder­liche Schwelle nicht erreicht wird. Dadurch reichert sich die im Laser gespeicherte Energie immer weiter an. Ab einer gewissen Grenze bleicht der Absorber schlag­artig aus und lässt das Licht in Form eines intensiven, ultra­kurzen Laserpulses passieren. Sofort danach wird das Licht wieder absor­biert und der Prozess kann von neuem beginnen. „Graphen ist ein viel­versprechendes Absorber­material, es ist sehr stabil und eignet sich für verschiedenste Lichtwellen­längen“, erklärt Winnerls Kollege Jacob König-Otto. „Unsere Erkennt­nisse tragen zum Verständnis der grund­legenden Prozesse bei und könnten dadurch helfen, bessere Absorber zu kon­struieren.“

In einem zweiten Experiment untersuchten die Forscher eine Graphen­probe in einem Magnet­feld von fünf Tesla. Dieses Feld veränderte die Zustände der Elek­tronen im Graphen recht deutlich, was sich mit dem intensiven Strahl des Freie-Elektronen-Lasers FELBE präzise vermessen ließ. „Dadurch konnten wir bestimmen, wie nicht­linear das Material auf die Strahlung reagiert“, erläutert König-Otto. Dieses nicht­lineare optische Verhalten führt unter anderem dazu, dass die Frequenz des einge­strahlten Lichts verviel­facht werden kann. Solche Frequenz­vielfacher dienen als wichtige Werkzeuge in der Laser­forschung. „Wie es unsere Kollegen der Texas A&M Uni­versity theo­retisch vorhergesagt haben, reagiert Graphen ausge­sprochen nicht­linear gegenüber inten­sivem Licht“, fasst Stephan Winnerl zusammen. „Das bedeutet, dass sich das Material grund­sätzlich für die Frequenz­verviel­fachung eignet.“

HZDR / JOL

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