Ungewöhnliche Lichtabsorption in Graphen
Nichtlinearer optischer Effekt könnte für Kurzpuls-Laser genutzt werden.
Wie verhält sich Graphen, wenn es mit intensivem Infrarotlicht bestrahlt wird? Als Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf HZDR diese Frage experimentell untersuchten, erlebten sie eine Überraschung: Die hauchdünne Kohlenstoff-Variante zeigte ein ungewöhnliches Verhalten bei der Absorption der Strahlung. Von den Erkenntnissen könnte die Entwicklung von Lasern für die Materialbearbeitung profitieren.
Abb.: Für einen Teil ihrer Experimente nutzten die Dresdner Forscher den Freie-Elektronen-Laser FELBE am HZDR-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen. Mit den intensiven Lichtblitzen der Anlage lassen sich Materialzustände auf atomarer Ebene untersuchen.
(Bild: HZDR / O. Killig)
Graphen besteht aus genau einer Lage von Atomen und besitzt außergewöhnliche Eigenschaften: Es ist zugfester als Stahl und leitet elektrischen Strom ausgesprochen gut, was es zu einem vielversprechenden Kandidaten für künftige Elektronikbauteile macht. Das Team um Stephan Winnerl interessierte sich jedoch für die optischen Eigenschaften. „Graphen absorbiert elektromagnetische Strahlung über einen weiten Wellenlängenbereich“, erläutert der HZDR-Physiker. „Das macht es für den Einsatz in Lasern interessant.“
In ihrem Projekt untersuchten die Dresdner Forscher gemeinsam mit Kollegen aus Berlin, Göteborg und Atlanta, auf welche Weise Graphen Infrarotstrahlung absorbiert. Das Besondere an den Kohlenstoff-Folien: Anders als die meisten Materialien bleiben sie über den gesamten Infrarotbereich absorbierend – zumindest, wenn die Intensität der einfallenden Strahlung nicht zu hoch ist. Überschreitet diese Intensität jedoch ein gewisses Niveau, lässt auch Graphen die Strahlung passieren – die Experten sprechen vom Ausbleichen, einem nichtlinearen optischen Effekt. Im Gegensatz zum Ausbleichen von Wäsche oder Kunststoffen ist dieser Prozess beim Graphen jedoch nicht dauerhaft. Sinkt die Intensität der einfallenden Strahlung, wird das Material flugs wieder undurchlässig.
Bei ihren Arbeiten haben die Forscher nun entdeckt, dass sich dieser Prozess in mehreren Schritten vollzieht: Bereits bei einer relativ geringen Intensität der Infrarotstrahlung bleicht das Graphen teilweise aus, wird also ein wenig lichtdurchlässiger. Der Grund: „Die Strahlung beeinflusst die Elektronen im Material so, dass sie untereinander streuen, sich also gegenseitig wegstoßen“, erklärt Winnerl. „Ab einer bestimmten Strahlungsintensität tritt dabei eine gewisse Sättigung ein mit dem Effekt, dass das Graphen teilweise ausbleicht.“
Relevant könnte das Ergebnis für die Lasertechnik sein – speziell für Kurzpuls-Laser, wie sie in der Industrie für die Materialbearbeitung Verwendung finden. In manchen Lasersystemen kommt Graphen schon heute als sättigbarer Absorber zum Einsatz. Der Absorber sitzt zwischen den Spiegeln des Lasers, die das Licht hin- und herwerfen. Bei niedriger Intensität dämpft das Graphen das Licht, sodass die für den Laser-Effekt erforderliche Schwelle nicht erreicht wird. Dadurch reichert sich die im Laser gespeicherte Energie immer weiter an. Ab einer gewissen Grenze bleicht der Absorber schlagartig aus und lässt das Licht in Form eines intensiven, ultrakurzen Laserpulses passieren. Sofort danach wird das Licht wieder absorbiert und der Prozess kann von neuem beginnen. „Graphen ist ein vielversprechendes Absorbermaterial, es ist sehr stabil und eignet sich für verschiedenste Lichtwellenlängen“, erklärt Winnerls Kollege Jacob König-Otto. „Unsere Erkenntnisse tragen zum Verständnis der grundlegenden Prozesse bei und könnten dadurch helfen, bessere Absorber zu konstruieren.“
In einem zweiten Experiment untersuchten die Forscher eine Graphenprobe in einem Magnetfeld von fünf Tesla. Dieses Feld veränderte die Zustände der Elektronen im Graphen recht deutlich, was sich mit dem intensiven Strahl des Freie-Elektronen-Lasers FELBE präzise vermessen ließ. „Dadurch konnten wir bestimmen, wie nichtlinear das Material auf die Strahlung reagiert“, erläutert König-Otto. Dieses nichtlineare optische Verhalten führt unter anderem dazu, dass die Frequenz des eingestrahlten Lichts vervielfacht werden kann. Solche Frequenzvielfacher dienen als wichtige Werkzeuge in der Laserforschung. „Wie es unsere Kollegen der Texas A&M University theoretisch vorhergesagt haben, reagiert Graphen ausgesprochen nichtlinear gegenüber intensivem Licht“, fasst Stephan Winnerl zusammen. „Das bedeutet, dass sich das Material grundsätzlich für die Frequenzvervielfachung eignet.“
HZDR / JOL