Variable Struktur magnetischer Nanoteilchen
In einem externen Magnetfeld vergrößert sich das Kernvolumen deutlich.
Werden ultrafeine magnetische Partikel einem von außen einwirkenden Magnetfeld ausgesetzt, wächst ihr magnetischer Kern in bisher unerwarteter Weise. Das hat eine Forschergruppe an der Universität Köln, des Forschungszentrums Jülich und des Instituts Laue-Langevin in Grenoble, Frankreich, durch Untersuchungen mit Neutronenstreuung gezeigt. Die Studie ermöglicht ein genaueres Verständnis von Struktur und Verhalten der magnetischen Nanoteilchen in einem Magnetfeld, was für zahlreiche Anwendungen von Bedeutung ist.
So können magnetische Nanoteilchen zum Beispiel gezielt an bestimmte Stellen des menschlichen Körpers gesteuert und dort für eine Wärmetherapie in der Krebsbehandlung eingesetzt werden. Magnetische Nanoteilchen werden zudem in chemischen Prozessen als Katalysator eingesetzt und spielen eine Rolle für die Entwicklung neuer Batterietechniken. Magnetische Nanoteilchen beispielsweise aus Eisen, Nickel oder Kobalt verhalten sich wie kleine Magnete. Man findet sie natürlich gewachsen in Gesteinen, aber auch in einigen Lebewesen, wie Bakterien, wo die Minimagnete bei der Orientierung der Bewegung eine Rolle spielen. Von technologischer Bedeutung sind sie für magnetische Flüssigkeiten, Permanentmagnete, Magnetspeichermedien oder biomedizinische Anwendungen.
Der innere Aufbau eines magnetischen Nanoteilchens wird dabei oft mit einem einfachen, statischen Modell beschrieben. Nach diesem Modell sind magnetische Nanoteilchen aus einem magnetischen Kern und einer nicht oder nur gering magnetisierten Oberfläche aufgebaut. Bisher ging man davon aus, dass Magnetismus in einem Nanoteilchen im Wesentlichen nur auf diesen Kernbereich beschränkt ist, da hier eine gewisse Ordnung der Atome besteht, so dass die magnetischen Momente oder die Spins regelmäßig ausgerichtet sein können. Im strukturell ungeordneten Oberflächenbereich des Nanoteilchens sind die Spins demgegenüber wahllos ausgerichtet. Es kann daher dort keine Ordnung und somit kein Magnetismus entstehen.
Sabrina Disch vom Department Chemie und die Kollegen ihres Forschungsteams haben nun mittels Neutronenstreuung an Kobaltferrit-Nanoteilchen gezeigt, dass sich die Struktur magnetischer Nanoteilchen im Magnetfeld verändert. Im Experiment vergrößerte sich das magnetische Kernvolumen um bis zu zwanzig Prozent bei Anlegen eines äußeren magnetischen Feldes. Gleichzeitig verringerte sich die Dicke des ungeordneten Oberflächenbereichs von 0,7 Nanometer bei 11 Millitesla auf 0,28 Nanometer bei 1,2 Tesla. „Durch das angelegte Magnetfeld wird ein Teil der zuvor ungeordneten magnetischen Momente im Oberflächenbereich vergleichbar zur Magnetisierung im Kernbereich ausgerichtet und so in eine Ordnung gebracht. Es verbleibt allerdings an der Oberfläche ein Restbereich mit unterschiedlich ausgerichteten Spins, der durch das angelegte Magnetfeld nicht geordnet werden kann“, so Dominika Zákutná.
Dieser weiterhin ungeordnete und nicht-magnetische Bereich macht im Experiment immerhin zwölf Prozent des Volumens des Nanoteilchens selbst im höchsten magnetischen Feld aus. Insgesamt lassen die Untersuchungen den Schluss zu, dass die Größe des magnetischen Partikelkerns von dem Ausmaß der Unordnung bei den Spins in der Partikeloberfläche beeinflusst wird. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass das bisher verbreitete statische Erklärungsmodell für magnetische Nanoteilchen nicht ausreichend ist und um eine vom magnetischen Feld abhängige Komponente erweitert werden muss, die von der strukturellen Unordnung bestimmt wird “, sagt Disch.
Die internationale Forschungsgruppe hat für ihre Experimente Neutronenstreuinstrumente des Institut Laue-Langevin in Grenoble sowie des Jülich Centre for Neutron Scattering am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching genutzt. Mit Hilfe der Neutronenstreuung konnten hier die Magnetisierung im Kern und Oberflächenbereich eines Nanoteilchens jeweils gleichzeitig, aber getrennt voneinander untersucht werden.
U. Köln / JOL