Veranda für 'Kibo'
Beim Ausbau der Internationalen Raumstation ISS ist ein wichtiger Meilenstein erreicht - nach einem Außeneinsatz von zwei US-Astronauten im All ist das japanische Raumlabor «Kibo» nun komplett
Washington (dpa) - Beim Ausbau der Internationalen Raumstation ISS ist ein wichtiger Meilenstein erreicht. Nach einem Außeneinsatz von zwei US-Astronauten am 18. Juni 2009 im All ist das japanische Raumlabor «Kibo» nun komplett. Die Amerikaner Tim Kopra und Dave Wolf brachten in Zusammenarbeit mit zwei Roboterarmen eine gut vier Tonnen schwere «Veranda» an dem Modul an, eine Plattform, die zur Durchführung wissenschaftlicher Experimente im Freien dienen soll. Erschwert wurden die Arbeiten durch statische Störungen bei der Kommunikation zwischen dem Duo im Freien, der ISS-Besatzung und der Crew der angedockten Raumfähre «Endeavour».
Dafür gab es aber eine andere ausgesprochen gute Nachricht: Die NASA-Bodenzentrale in Houston ließ die Shuttle-Besatzung wissen, dass keine speziellen Untersuchungen des Hitzeschilds ihrer Raumfähre nötig sind. Beim Start am 15. Juni 2009 waren mehrere Stücke der Außentank-Isolierung abgesprengt worden, die kleine Einschläge verursacht hatten. Eine halbe Rückwärtsrolle der Raumfähre kurz vor dem Andocken, bei der ISS-Astronauten Bauch und Nase der «Endeavour» fotografierten, bestätigten aber erste Einschätzungen der NASA- Experten am Boden, dass die Schäden kein Risiko darstellen. Der «Panzer» von Schutzkacheln ist nötig, um die Raumfähre beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre vor der extremen Reibungshitze und damit vor einem Verglühen zu schützen.
Insgesamt hält sich derzeit eine Rekordzahl von 13 Raumfahrern auf einmal in der ISS auf - sechs Dauerbewohner und sieben Shuttle-Astronauten. Ausgerechnet bei diesem Gedränge fiel am 19. Juni eine von zwei Toiletten in der Station aus. Damit müssen sich die Astronauten nunmehr streng genau aufteilen: Die der «Endeavour» besucht auf Anweisung der NASA ihr eigenes stilles Örtchen, während die sechs Dauerbewohner der ISS das noch funktionierende zweite Klo aus russischer Produktion in der Station benutzen. Die defekte Toilette wurde in den USA gebaut, erst gegen Ende vergangenen Jahres mit einem Shuttle eingeflogen und hat sechs Millionen Dollar gekostet.
Dem belgischen Astronauten Frank De Winne wurde die Ehre zuteil, die defekte Einrichtung in Zusammenarbeit mit der Bodenzentrale zu inspizieren. Dazu musste er einen Schutzanzug und eine Schutzbrille tragen. Nach ersten Vermutungen der NASA ist in der Anlage eine Pumpen-Trennvorrichtung überflutet worden. Ob das auf Überbeanspruchung zurückzuführen ist, darüber wollten die NASA-Experten in Houston, die nach Medienberichten einen «Toilettenkrisenstab» mit russischen Kollegen bildeten, nicht spekulieren.
«Kibo» ist das größte Labor der ISS, drei Shuttle-Flüge waren nötig, um die Teile dafür heranzutransportieren. Bei ihrem rund fünfeinhalbstündigen Außeneinsatz befreiten Kopra und Wolf die neue Plattform zunächst aus ihrer Verpackung und bereiteten dann die Installation vor. Während sie sich anschließend anderen Arbeiten im Freien zuwandten, waren ihre an Bord gebliebenen Kollegen gefordert. Zwei bedienten den Shuttle-Roboterarm, hievten die «Veranda» aus der Ladebucht der Raumfähre und übergaben sie dann an den von zwei weiteren Astronauten bedienten ISS-Kran. An Ort und Stelle wurde die Plattform durch einen automatischen Mechanismus befestigt.
Die Installation war das Hauptziel der insgesamt 16-tägigen Mission des Shuttle, der am 31. Juli auf der Erde zurückerwartet wird. Noch vier weitere Außeneinsätze sind geplant. Neben der Installation erster Instrumente zur Untersuchung der Reaktion von Materialien im Freien auf der Plattform steht dabei auch eine Serie von Reparaturarbeiten an. So konnten Kopra und Wolf bereits erfolgreich eine verklemmte Vorrichtung zur Lagerung von Ersatzteilen auf dem «Rückgrat» der ISS befreien. Die Installation einer zweiten ähnlichen «Vorratskammer» musste vertagt werden, weil die Zeit knapp wurde.
Die statischen Störungen, die von - möglicherweise beim Aufsetzen verrutschten - Mikrofonen in Kopras Helm ausgingen, machten bei der Kommunikation häufig ein Nachfragen nötig. «Dave, man kann Dich nicht verstehen», klang es wiederholt aus der ISS. Der NASA zufolge war das Problem zwar lästig, aber stellte zu keiner Zeit eine Gefahr für die Astronauten dar.
Weitere Infos
AL