11.04.2018

Verbotene Zustände auf hauchdünnem Gold

Neues Mikroskopieverfahren mit großem Potenzial für die Arznei­forschung.

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, kurz GPCR, sind wichtige Ziel­moleküle für die Arznei­forschung. Wissen­schaftlern der Uni Würz­burg und der Uni­klinik Jena ist es jetzt durch moderne Mikro­skopie­ver­fahren gelungen, die Akti­vierung dieser Rezep­toren detail­lierter zu unter­suchen. Die Ver­stärkung des Förster-Reso­nanz­energie­transfers durch den Ein­satz speziell beschich­teter Deck­gläser war der Schlüssel dazu. Die neue Methode könnte sowohl Einzel­zell­messungen zu mehr Präzi­sion ver­helfen, als auch Hoch­durch­satz-Screenings opti­mieren, die für die Medika­menten­ent­wick­lung eine große Rolle spielen.

Abb.: Goldbeschichtung von wenigen Nano­metern kann ein sonst her­kömm­liches Deck­glas in Ver­stärker ver­wandeln. Die Beschich­tung ist bio­kompa­tibel und für die Kulti­vie­rung von adhä­renten Zellen ge­eignet. (Bild: U. Würz­burg)

Will man die Konformationsänderung oder Inter­aktion von Membran­rezep­toren in lebenden Zellen beob­achten, sind licht­mikro­sko­pische Ver­fahren oft die Methode der Wahl. Ein Phänomen, das das Aus­lesen dieser Ände­rungen und Inter­aktionen erlaubt, ist der Förster-Resonanz­energie­transfer. Der FRET erscheint immer dann, wenn sich zwei Fluoro­phore mit geeig­neten spektralen Eigen­schaften räum­lich sehr nah kommen, und in korrekter Orien­tie­rung zuein­ander stehen.

FRET dient als molekulares Lineal zwischen zwei Mole­külen oder mole­ku­laren Kompar­ti­menten. Die Methode ist leistungs­stark, hat aber oft durch die begrenzte Anzahl der emit­tierten Photonen ihre Grenzen. Es macht das Design und die Etab­lie­rung eines ent­spre­chenden FRET-Paares schwierig und fehler­anfällig. In bio­lo­gischen Unter­suchungen ist es besonders schwierig, die Nähe und Orien­tie­rung der Fluoro­phore zu opti­mieren, ohne die physio­lo­gischen Eigen­schaften des mole­ku­laren Komplexes zu stören.

Die Forscherteams haben jetzt die Hürden für die Nutzung der FRET-Methode gesenkt. Die Wissen­schaftler ver­wenden nano­beschich­tete Deck­gläser, die mit spezi­ellen Gold­beschich­tungen ver­sehen sind. Diese bio­kompa­tiblen Deck­gläser bewirken eine Ver­stärkung des Energie­über­trags, besonders für sub­optimal orien­tierte FRET-Paare. Das geschieht unter anderem dadurch, dass das FRET-Paar durch die Gold­beschich­tung sich selbst im Spiegel „sieht“. Dadurch stehen komple­men­täre Orien­tie­rungen für den Energie­über­trag zur Ver­fügung, die den Netto-FRET erhöhen. Der Spiegel­effekt erlaubt also die Abfrage sonst ver­botener Zustände für FRET. Physi­ka­lisch bezeichnet man diesen Effekt als Depolari­sa­tion, hervor­ge­rufen durch das komplexe Reflexions­ver­halten des FRET-Paares nahe der Gold­ober­fläche.

Lange Zeit war unter Physikern umstritten, ob es eine aus­reichend starke FRET-Erhöhung geben kann. Dabei wurde die Orien­tie­rung der Mole­küle nie aus­reichend beachtet. Neueste theore­tische und experi­men­telle Arbeiten an physi­ka­lischen Systemen gaben aber Anlass, die Möglich­keit der FRET-Ver­stärkung noch­mal auf­zu­greifen. „Diskus­sionen mit anderen Experten im Forschungs­feld stimmten uns zunächst nur vor­sichtig opti­mis­tisch. Unsere Simu­la­tionen für den FRET-Sensor des M1-Acetyl­cholin-Rezeptors zeigten aller­dings, dass eine FRET-Ver­stärkung sehr wahr­schein­lich ist. Die Experi­mente bestä­tigten schließ­lich in der Tat genau unsere Vor­her­sagen. So ent­stand unser forbiddenFRET“, sagt Katrin Heinze von der Uni Würz­burg. Und ihr Kollege Carsten Hoff­mann ergänzt: „ Diese Techno­logie ist zwar erst ganz am Anfang, aber sie hat großes Poten­zial, die Unter­suchungen von GPCR-Akti­vie­rungen und Inter­aktionen in Zukunft noch exakter zu gestalten.“

U. Würzburg / RK

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen