01.02.2011

Verkehrte Welt auf der Insel der Inversion

Der Nachweis eines sphärischen Magnesium-32-Kerns wirft neue Fragen zur Veränderung der Schalenstruktur bei Atomkernen auf.

Der Nachweis eines sphärischen Magnesium-32-Kerns wirft neue Fragen zur Veränderung der Schalenstruktur bei Atomkernen auf.

Elemente, die schwerer sind als Eisen, bilden sich nur in gewaltigen Sternexplosionen, sogenannten Supernovae. Durch Kernreaktionen entstehen hierbei hochangeregte, kurzlebige Atomkerne, inmitten derer die Theorie stabilere Zusammensetzungen voraussagt, die magischen Zahlen. Doch auch hier gibt es Ausnahmen, die so genannten Inseln der Inversion. Unter der Führung von Physikern der Technischen Universität München (TUM) hat sich ein internationales Forscherteam die zuerst entdeckte dieser Inseln genauer angesehen. Messungen am Instrument REX-ISOLDE, einem Beschleuniger für radioaktive Ionenstrahlen am CERN, führten dabei zu überraschenden Resultaten.

Abb.: Mit dem Miniball-Detektor am REX-ISOLDE-Experiment des CERN analysierten die Wissenschaftler das Gammastrahlenspektrum der MG-32-Kerne. Die Kerne werden im Radioactive Beam Experiment (REX) erzeugt und im Separator ISOLDE (Isotope-Separator On-Line) selektiert. (Bild: Maximilien Brice / CERN)

In ihrem Experiment untersuchten die Wissenschaftler das neutronenreiche Isotop Magnesium-32, indem sie einen Magnesium-30-Strahl auf eine Titanfolie schossen, die mit Tritium, schwerem Wasserstoff, beladen war. In einer so genannten Paartransferreaktion wurden zwei Neutronen vom Tritium abgestreift und auf den Magnesium-Kern übertragen, der sich damit in Magnesium-32 umwandelte.

Eigentlich sollte das neutronenreiche Isotop Magnesium-32, dessen Kern aus 20 Neutronen und 12 Protonen besteht, magisch sein und damit eine sphärische Form aufweisen. Doch der niedrigste Energiezustand im Magnesium-32 ist nicht kugelförmig sondern deformiert. Der Kern hat eher die Form eines American Footballs. Die sphärische Konfiguration sollte erst bei hohen Anregungsenergien entstehen.

Erstmals konnten nun die Forscher die Existenz eines kugelförmigen Magnesium-32-Kerns nachweisen. Doch die Herstellung des kugelförmigen Magnesium-32-Kerns gelang schon bei viel niedrigerer Energie als theoretisch vorhergesagt. Damit stellt dieses Ergebnis die theoretischen Modelle zur Beschreibung der Veränderung der Schalenstruktur in dieser und anderen Regionen der Nuklidkarte teilweise wieder infrage.

"Die Freude war groß, dass es uns endlich gelungen ist, auch die sphärische Form des Magnesium-32-Kerns nachweisen zu können," sagt Reiner Krücken vom Lehrstuhl für Physik der Hadronen und Kerne an der TU München. "Doch diese Erkenntnisse stellen uns Physiker auch gleich wieder vor neue Herausforderungen. Um den genauen Verlauf der Elementsynthese in Sternexplosionen vorherzusagen, müssen wir den Mechanismus genauer verstehen, der die veränderte Schalenstruktur herbeiführt." Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass es noch vieler weiterer Experimente bedarf, um die Abläufe rund um die mysteriösen Inseln der Inversion und neue magische Zahlen widerspruchsfrei beschreiben zu können.

Technische Universität München / AL


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