Vermischte Quantengase
Teilchen interagieren über eine weiträumige Wechselwirkung wie kleine Quantenmagnete miteinander.
Die experimentelle Untersuchung von ultrakalter Quantenmaterie ermöglicht die Erforschung von quantenmechanischen Phänomenen, die sonst kaum zugänglich sind. Noch vor wenigen Jahren schien es unmöglich, die Techniken zur Kühlung und Manipulation von ultrakalten Teilchen auf Atome mit mehreren Valenzelektronen auszudehnen. Grund dafür sind die mit der Größe zunehmende Komplexität und die unbekannten Streueigenschaften dieser Atome. Ein US-amerikanisches Forschungsteam um Ben Lev von der Stanford University und eine österreichische Gruppe um Francesca Ferlaino an der Universität Innsbruck haben diese Hürde überwunden und Quantengase aus Metallen der Seltenen Erden erzeugt.
Abb.: Die Bose-Einstein-Kondensate aus Erbium und Dysprosium koexistieren und wechselwirken miteinander. (Bild: IQOQI)
Die Forscher verwenden die stark magnetischen und bisher wenig erforschten Elemente Dysprosium und Erbium. Ferlainos Gruppe konzentriert sich auf die Erforschung von Erbium und entwickelte einen leistungsfähigen, aber überraschend einfachen Ansatz zur Herstellung eines Bose-Einstein-Kondensats. „Wir haben damit gezeigt, wie die Komplexität in der Atomphysik neue Möglichkeiten eröffnen kann“, freut sich Francesca Ferlaino vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Die Forschung an magnetischen Elementen gewinnt weltweit an Dynamik, da sich solche Atome als ideale Plattform zur Erzeugung von dipolarer Quantenmaterie erwiesen haben, in der Teilchen über eine weiträumige und orientierungsabhängige Wechselwirkung wie kleine Quantenmagnete miteinander interagieren.
In einer neuen Arbeit berichtet das österreichische Team über einen neuen Fortschritt auf dem Gebiet der dipolaren Materie. Sie haben Erbium und Dysprosium miteinander vermischt und erstmals eine dipolare Quantenmischung erzeugt. „Wir haben die Atomspektren dieser beiden Elemente sehr genau untersucht und uns überlegt, wie wir sie kombinieren und gleichzeitig Quantenentartung erreichen können“, sagt Philipp Ilzhöfer. „Es zeigte sich, dass unser Schema noch besser als erwartet funktioniert, so dass wir ein System schaffen konnten, in dem Bose-Einstein-Kondensate aus Erbium und Dysprosium koexistieren und miteinander wechselwirken“, ergänzt Arno Trautmann. Aufgrund der langreichweitigen Wechselwirkung zwischen den beiden Atomsorten, eröffnet dieses Ergebnis neue Perspektiven im Bereich der dipolaren Quantenmaterie.
IQOQI / JOL