02.02.2006

Verschränkte Photonen auf Wunsch

Die Quantenkryptographie oder der optische Quantencomputer benötigen zuverlässig verschränkte Photonen in großer Zahl. Eine Lösung scheint in Sicht.


Verschränkte Photonen auf Wunsch

Die Quantenkryptographie oder der optische Quantencomputer benötigen zuverlässig verschränkte Photonen in großer Zahl. Eine Lösung scheint in Sicht.

Ein Kästchen, das auf Knopfdruck Photonen mit verschränkten Polarisationen liefern könnte, würde die optische Quanteninformationsverarbeitung revolutionieren. Denn sowohl die Quantenkryptographie als auch die Quantenteleportation oder der optische Quantencomputer – sie alle benötigen zuverlässig verschränkte Photonen in großer Zahl. Was britische Forscher jetzt hergestellt haben, kommt solch einem Kästchen schon ziemlich nahe.

Robert J. Young und seine Kollegen von Toshiba Research Europe in Cambridge und von der University of Cambridge haben winzige Quantenpunkte aus Indiumarsenid/Galliumarsenid hergestellt, die Photonenpaare mit verschränkter Polarisation auf neuartige Weise erzeugen. Bislang hatte man solche Photonenpaare durch parametrische Fluoreszenz gewonnen. Dabei können Photonen, die in einen optisch nichtlinearen Kristall eindringen, unter Energie- und Impulserhaltung in jeweils zwei quantenmechanisch verschränkte Tochterphotonen zerfallen, deren Polarisationen stets senkrecht zueinander stehen. Diese herkömmliche Methode hat jedoch den Nachteil, dass die Erzeugung der Photonenpaare statistisch erfolgt, d. h. es können auch schon mal mehrere verschränkte Paare (nahezu) gleichzeitig den Kristall verlassen.

Dieses unerwünschte Auftreten zusätzlicher verschränkter Photonenpaare ist bei dem neuen Verfahren ausgeschlossen, das auf eine Idee von Oliver Benson u. a. zurückgeht: Es können gewissermaßen nicht mehr als zwei Photonen gleichzeitig in dem winzigen Quantenpunkt entstehen. Der Quantenpunkt wurde mit dem gepulsten Licht einer Laserdiode bestrahlt. Dabei wurden in ihm so genannte Bi-Exzitonen angeregt, die jeweils aus einem Elektronenpaar und einem Lochpaar bestanden, wobei die Elektronen und Löcher aneinander gebunden waren. Die benutzten Quantenpunkte waren so dimensioniert, dass bei jedem Puls nur ein Bi-Exziton angeregt werden konnte – mehr als zwei Elektronen passten bei der zur Verfügung stehenden Energie nicht auf den Quantenpunkt.

Unmittelbar nach ihrer Erzeugung fielen die beiden Elektronen wieder in die beiden Löcher zurück, und aus dem Bi-Exziton entstanden zwei Photonen mit abgestimmter Polarisation. Damit die Photonen auch quantenmechanisch verschränkt waren, mussten die Forscher noch ein Problem lösen: Schaute man sich den Zerfall des Bi-Exzitons genauer an, so entstanden zunächst ein Photon und ein Exziton, das sich dann ebenfall in ein Photon umwandelte. Wenn das kristalline Material des Quantenpunktes Verzerrungen und Spannungen aufwies, dann war eine Polarisationsrichtung der Photonen bevorzugt und es ließ sich (prinzipiell) unterscheiden, welche Polarisationsrichtung das zuerst entstandene Photon hatte. Durch diese unbeabsichtigte „Messung“ wurde die Polarisationsverschränkung zerstört.

Die britischen Forscher fanden indes einen Ausweg, oder genauer gesagt zwei. Zum einen stellten sie eine große Zahl von Quantenpunkten her und suchten sich dann einen aus, der zufällig so gewachsen war, dass bei ihm keine Polarisationsrichtung des Lichtes bevorzugt wurde. Zum anderen konnten sie auch bei zunächst ungeeignet erscheinenden Quantenpunkten mit Hilfe eines wohldosierten Magnetfeldes den Unterschied zwischen den Polarisationen aufheben. Wurde dann der entsprechende Quantenpunkt mit Laserlicht bestrahlt, so gab er für jeden Laserpuls ein verschränktes Photonenpaar mit der (nicht normierten) Wellenfunktion |R 2L 1> + |L 2R 1> ab, wobei R und L rechts- bzw. links-zirkulare Polarisation bezeichnen und 2 bzw. 1 sich auf das Photon beziehen, das beim Zerfall des Bi-Exzitons bzw. des Exzitons entstanden ist.

In einer kürzlich veröffentlichten Arbeit hatten die britischen Forscher die verschränkten Photonenpaare ausgiebig mit verschiedenen Analysatoreinstellungen untersucht, um die Verschränkung auch für unterschiedliche lineare Polarisationen nachzuweisen zu können. Für horizontale und vertikale Polarisationsrichtungen z. B. hatte die Wellenfunktion der Photonenpaare die Form |H 2H 1> + |V 2V 1>. Dabei zeigten die Messungen, dass die Korrelation der linearen Polarisationen der Photonen eines Paares nur vom Winkel zwischen den beiden Polarisationsrichtungen abhing – wie es bei diesen verschränkten Zuständen auch sein muss.

Allerdings litten diese Resultate noch unter starkem Streulicht, das von der mit InAs benetzten GaAs-Substratoberfläche abgestrahlt wurde, auf der die Quantenpunkte aufgewachsen waren. In einer neuen Arbeit ist es jetzt Young und seinen Kollegen gelungen, dieses Streulicht fast vollständig zu unterdrücken. Dank dieser Verbesserung sind über 70 % der gemessenen Photonenpaare perfekt miteinander verschränkt. Nach Meinung der Wissenschaftler ist ihnen damit ein entscheidender Durchbruch bei der Suche nach einer brauchbaren und stabilen Quelle für polarisationsverschränkte Photonenpaare gelungen.

Rainer Scharf

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