04.05.2016

Verschränkung sichtbar machen

Laser soll verschränkte Photonen für eine Beob­achtung mit bloßen Augen ver­stärken.

Die Voraussagen der Quantenphysik sind durch unzählige Expe­ri­mente bestätigt. Doch kein Mensch hat bisher den quanten­physi­ka­lischen Effekt der Ver­schränkung mit eigenen Augen direkt beob­achtet. Das soll nun ein Expe­ri­ment ermög­lichen, das ein Forscher der Uni Basel und seine Kollegen vor­schlagen. Die Grund­idee: Ein ver­schränktes Photon wird durch eine spezielle Technik ver­viel­fältigt, ohne dabei die quanten­physi­ka­lische Ver­schränkung zu zer­stören. So wären dann etwa hundert ver­schränkte Photonen vor­handen. Genau diese Zahl ist nach heutigem Wissen nötig, um beim Menschen den Ein­druck von Licht zu er­zeugen. Während die hundert Photonen auf die Netz­haut treffen, kommt es noch­mals zu erheb­lichen Ver­lusten. Nur rund sieben von ihnen erreichen tat­säch­lich eines der 120 Millionen licht­empfind­lichen Stäb­chen der Netz­haut. Diese Photonen erzeugen dann jenen Nerven­impuls, der im Gehirn eine Wahr­nehmung von Licht hervor­ruft.

Abb.: Mit einer Quelle (grüner Punkt) werden Photonen-Paare produ­ziert. Das eine Photon jedes Paars wird nach oben abge­strahlt, das andere in einen halb­trans­parenten Spiegel (schwarzer Kreis) gelenkt. Nach dem Spiegel existiert das Photon in zwei mit­ein­ander ver­schränkten Zuständen (symbo­lisiert durch die gelbe Acht). Das Photon wird dann von einem Detektor (rechts oben) oder vom Auge des mensch­lichen Beob­achters (rechts unten) wahr­genommen. Damit das mensch­liche Auge die Photonen tat­säch­lich wahr­nehmen kann, werden sie durch Laser­strahlen (Boxen mit gelbem Dreieck-Symbol) ver­viel­facht. Ampli­tude und Phase der Laser­strahlen werden bei jedem Durch­lauf des Experi­ments ver­ändert, was zur Folge hat, dass ent­weder nur der Detektor oder nur das Auge einen Licht­impuls wahr­nimmt, mit­unter auch beide gleich­zeitig oder aber keiner von beiden. Aus der statis­tischen Aus­wertung der Licht­wahr­nehmungen können die Quanten­physiker auf die Existenz der Quanten­ver­schränkung schließen. (Bild: V. C. Vivoli, U. Genf)

In dem Experiment, das Nicolas Sangouard und seine Kollegen vor­schlagen, ent­steht Ver­schränkung durch ein einzelnes Photon, das auf einen halb­durch­lässigen Spiegel gelenkt wird. Hinter dem Spiegel werden zum einen ein Photonen-Detektor, zum anderen ein mensch­licher Beob­achter platziert. Damit das Auge des Beob­achters ver­schränkte Photonen wahr­nehmen kann, werden diese, bevor sie das Auge er­reichen, ver­stärkt. Das geschieht durch eine Ver­schiebung des Phasen­raums mit­hilfe eines Lasers. Ob der mensch­liche Beob­achter tat­säch­lich ver­schränkte Photonen beob­achten, erschließt sich aller­dings nicht un­mittel­bar, sondern erst durch Ermitt­lung von Wahr­schein­lich­keiten. Dazu muss das Experi­ment sehr oft wieder­holt und die dabei gewon­nenen Daten müssen statis­tisch ausge­wertet werden.

Daher steht nicht fest, ob das Experiment tatsächlich eines Tages durch­ge­führt wird. Die dafür erfor­der­lichen Techno­logien sind heute zwar grund­sätz­lich ver­füg­bar. Doch die ent­schei­dende Hürde ist nicht der tech­nische Auf­bau, sondern die prak­tische Durch­führung. Das mensch­liche Auge ist bei der Zählung von schwachen Licht­im­pulsen etwa eine Milliarde Mal lang­samer als moderne Photonen-Detektoren. „Nach einer ersten Schätzung sind mehrere Hundert­tausend Durch­läufe nötig, bis wir genügend Daten haben, um zu wissen, ob wir tat­säch­lich ver­schränkte Photonen beob­achtet haben“, erklärt Sangouard. „Das heißt, die Test­person in unserem Experi­ment müsste während mehreren Hundert Stunden im Sekunden­takt fest­stellen, ob sie gerade einen Licht­im­puls wahr­ge­nommen hat oder nicht.“

Gelingt trotz solcher Hürden am Ende das Experiment, wäre der Beweis erbracht, dass das mensch­liche Auge Quanten­ver­schränkung direkt wahr­nehmen kann und somit das leistet, wofür bisher kompli­zierte und teure Detek­toren erfor­der­lich sind. Die Wissen­schaft arbeitet gegen­wärtig daran, das Prinzip der Ver­schränkung für den Bau sicherer digi­taler Kommu­ni­ka­tions­ver­bin­dungen oder für Quanten­computer zu nutzen. Laut Sangouard könnten solche Anwen­dungen von dem neuen Experi­ment profi­tieren.

U. Basel / RK

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