24.10.2017

Versteckte Ordnung aufgespürt

Hochmagnetfeld-Messung belegt verborgene antiferromagnetische Ordnung in uranhaltigen Kristallen.

Seit dreißig Jahren gibt eine bestimmte Uran­verbindung der Forschung Rätsel auf. Obwohl die Kristall­struktur einfach ist, versteht niemand, was beim Abkühlen unter eine bestimmte Temperatur genau passiert. Offenbar entsteht eine so genannte „versteckte Ordnung“, deren Natur völlig unklar ist. Nun haben Physiker erstmals diese versteckte Ordnung näher charakterisiert und auf mikro­skopischer Skala untersucht. Dazu nutzten sie den Hochfeld­magneten am HZB, der Neutronen­experimente unter extrem hohen magnetischen Feldern ermöglicht.

Abb.: Ab einem Magnetfeld von 23 Tesla erscheinen zusätzliche Flecken auf dem Neutronendetektor, die etwas über die neue magnetische Ordnung im Kristall verraten. (Bild: HZB)

Kristalle aus den Elementen Uran, Ruthenium, Rhodium und Silizium haben eine geometrisch einfache Struktur und sollten keine Geheimnisse mehr bergen. Doch das ist nicht der Fall, im Gegenteil. Bei tiefen Temperaturen unterhalb von 17,5 Kelvin entsteht eine neue innere Ordnung: Etwas in der kristallinen Geometrie ordnet sich neu, was zur Abgabe einer gewissen Wärme­menge führt, die wie ein Finger­abdruck auf die neue Ordnung hinweist, ohne mehr über ihre Natur zu verraten. Bekannt war nur, dass es sich nicht um eine Ordnung mit statischen magnetischen Momenten handelt. Mehr als 1000 Publikationen sind bereits über dieses Thema erschienen, ohne den Schleier zu lüften.

Dennoch lassen sich magnetische Ordnungen auf verschiedene Weise in solchen Proben erzeugen, zum Beispiel durch Dotieren mit Fremd­elementen, Druck oder sehr hohen Magnet­feldern. Dies könnte helfen, mehr Licht auf den unbekannten Ordnungs­zustand zu werfen. Um zumindest diejenigen magnetischen Ordnungen zu untersuchen, die auf der versteckten Ordnung basieren und sich mit extremen Magnet­feldern hervor­rufen lassen, haben Physiker aus dem HZB, dem HZDR und den Universitäten in Leiden und Amsterdam, Niederlande, perfekte Kristalle aus U(Ru0.92Rh0.08)2Si2 bei tiefen Temperaturen und extrem hohen Feldern mit Neutronen untersucht.

„Die Neutronenstreuexperimente unter extrem hohen Magnetfeldern haben gezeigt, dass es bei etwa 21,6 Tesla wirklich einen neuen magnetischen Phasen­übergang gibt“, erklärt Karel Prokeš aus dem HZB. „Das bedeutet, dass sich im Kristall eine neue magnetische Ordnung durchsetzt.“ Dabei handelt es sich um eine unkompensierte anti­ferro­magnetische Ordnung, in der die magnetischen Momente der Uran-Atome abwechselnd im Muster up-up-down in entgegen­gesetzte Richtungen zeigen.

Als Prokeš das gemeinsame Manuskript bei der renommierten Phys.RevB einreichte, erhielt er innerhalb von 19 Minuten eine positive Antwort: Die Arbeit wurde als „Rapid Communication“ publiziert – ein Geschwindigkeitsrekord, der etwas über die Bedeutung dieses Experiments für die Festkörper­physik aussagt.

HZB / DE

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