Physiker der Universität Basel haben das quantenmechanische Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon erstmals in einem System aus mehreren hundert miteinander wechselwirkenden Atomen beobachtet. Das Phänomen geht auf ein berühmtes Gedankenexperiment aus dem Jahr 1935 zurück. Es erlaubt, präzise Vorhersagen für Messungen zu machen und könnte in neuartigen Sensoren und Abbildungsverfahren für elektromagnetische Felder Verwendung finden.
Abb.: Eine Wolke aus Atomen wird von elektromagnetischen Feldern über einem Chip gehalten, was die Beobachtung von Vielteilchen-Verschränkung möglich macht. (Bild: U. Basel)
Dazu betrachteten die Forscher zwei Systeme A und B, die sich in einem verschränkten Zustand befinden, in dem ihre Eigenschaften sehr stark korrelieren. Die Ergebnisse von Messungen an System A können dann dafür verwendet werden, die entsprechenden Messergebnisse an System B im Prinzip beliebig genau vorherzusagen. Dies ist auch dann möglich, wenn die Systeme A und B räumlich getrennt sind. Das Paradoxe dabei ist, dass ein Beobachter durch Messungen an System A präzisere Aussagen über System B machen kann, als ein Beobachter der direkt Zugriff auf System B hat (aber nicht auf A).
Experimentell wurde dieses nach den Initialen seiner Entdecker benannte „EPR-Paradoxon“ bisher mit Licht oder einzelnen Atomen untersucht. Ein Team von Physikern um Philipp Treutlein vom Departement Physik der Universität Basel und dem Swiss Nanoscience Institute konnte das EPR-Paradoxon nun erstmals mit einem Vielteilchensystem aus mehreren hundert miteinander wechselwirkenden Atomen beobachten.
Im Experiment wurden Atome mithilfe von Lasern auf wenige milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt gekühlt. Bei diesen Temperaturen verhalten sich die Atome vollkommen quantenmechanisch und bilden ein Bose-Einstein-Kondensat – ein Zustand der Materie, der in einer weiteren bahnbrechenden Arbeit von Einstein 1925 vorhergesagt wurde. In dieser ultrakalten Wolke stoßen die Atome ständig zusammen, sodass sich ihre Spins miteinander verschränken.
Anschließend führten die Forscher Spinmessungen an räumlich voneinander getrennten Regionen des Kondensats durch. Mittels hochauflösender Bildgebung konnten sie die Spin-Korrelationen zwischen den gesonderten Regionen direkt messen und gleichzeitig die Atome in genau definierten Positionen lokalisieren. Mit ihrem Experiment ist es den Forschern gelungen, auf Grundlage der Messungen in einer bestimmten Region die Ergebnisse für eine andere Region vorherzusagen.
„Die Messergebnisse der beiden Regionen waren so stark miteinander korreliert, dass wir damit das EPR-Paradoxon nachweisen konnten“, so Matteo Fadel, Doktorand und Erstautor der Studie. „Es ist faszinierend, ein so fundamentales Phänomen der Quantenphysik an immer größeren Systemen zu beobachten. Gleichzeitig stellen wir mit unseren Experimenten eine Verbindung zwischen zwei der wichtigsten Arbeiten Einsteins her.“
Neben der Grundlagenforschung spekulieren die Wissenschaftler bereits über mögliche Anwendungen ihrer Entdeckung. Die vom EPR-Paradoxon ermöglichte Methode könnte beispielsweise atomare Sensoren und Abbildungsmethoden für elektromagnetische Felder verbessern. Die Entwicklung solcher Quantensensoren ist ein Ziel des Nationalen Forschungsschwerpunkts Quantenwissenschaften und -technologie (NCCR QSIT), an dem das Forscherteam aktiv beteiligt ist.
U. Basel / DE