22.01.2015

Vom Chip zum Laserstrahl

Germanium-Zinn-Halbleiterlaser lässt sich gut in Produktion von Siliziumchips integrieren.

Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und des Schweizer Paul-Scherrer-Instituts haben gemeinsam mit internationalen Partnern den ersten Halbleiterlaser vorgestellt, der ausschließlich aus Elementen der vierten Hauptgruppe besteht. Der Germanium-Zinn-Laser lässt sich daher direkt auf einem Silizium-Chip aufbringen und schafft damit eine neue Grundlage, um Daten auf Computerchips mit Licht zu übertragen: schneller und mit einem Bruchteil der Energie, als es über klassische Kupferleitungen möglich wäre.

Abb.: Germanium-Zinn-Laser, der mit einer Germanium-Zwischenschicht (orange), direkt auf dem Silizium-Wafer (blau) aufgebracht wird. (Bild: FZ Jülich)

Der Datentransfer zwischen multiplen Kernen wie auch zwischen Logik- und Speicherelementen gilt als Flaschenhals der sich rasant weiterentwickelnden Computer­technologie. Die Kommunikation mit Licht käme wie gerufen, um den Datenfluss auf Computerchips sowie zwischen verschiedenen Komponenten auf dem Board zu beschleunigen und wesentlich energie­effizienter zu gestalten. „Die Signalübertragung über Kupfer­verbindungen limitiert die Weiter­entwicklung von größeren und schnelleren Rechnern aufgrund der Wärme­belastung sowie der begrenzten Bandbreite von Kupfer­­verbindungen. Allein das Signal zur Synchronisation der Schaltkreise verbraucht bis zu dreißig Prozent der Energie – Energie, die sich durch die optische Übertragung einsparen lässt“, erläutert Detlev Grützmacher, Direktor am Jülicher Peter-Grünberg-Institut.

Langstrecken-Telekommunikations­netze und Rechenzentren setzen teilweise schon seit Jahrzehnten auf optische Verbindungen. Mit ihnen lassen sich auch über größere Entfernungen noch sehr hohe Bandbreiten erzielen. Über Glas­faser­kabel pflanzen sich die Signale praktisch verlustfrei und simultan über verschiedene Wellenlängen fort: ein Geschwindigkeits­vorteil, von dem zunehmend auch die Mikro- und Nano­elektronik profitiert. „In vielen Bereichen ist die Integration optischer Bauteile bereits ziemlich weit fortgeschritten. Was aber trotz intensiver Forschung bislang fehlt, ist eine Laserquelle, die mit der Chip-Herstellung kompatibel ist“, so der Leiter des Bereichs Halb­leiter­nano­elektronik.

Grundlage der Chip-Fertigung ist Silizium, das der vierten Hauptgruppe im Periodensystem angehört. Typische Halbleiter­laser für Telekommunikations­systeme, etwa aus Gallium­arsenid, sind jedoch teuer und bestehen aus Elementen der dritten und fünften Hauptgruppe. Das wirkt sich grundlegend auf die Kristall­­eigenschaften aus. Entsprechende Laser­bau­elemente lassen sich daher nicht direkt auf Silizium aufbringen. Sie müssen aufwendig extern produziert und beispielsweise nachträglich mit dem Wafer verklebt werden. Dass sich die thermischen Ausdehnungs­koeffizienten deutlich von Silizium unterscheiden, schränkt die Lebensdauer derartiger Elemente allerdings stark ein.

Halbleiter der vierten Hauptgruppe – neben Silizium auch Germanium – lassen sich dagegen ohne grundlegende Schwierigkeiten in den Herstellungsprozess integrieren. Doch beide Elemente sind als Lichtquelle nicht besonders effizient. Sie zählen zu den sogenannten indirekten Halbleitern. Im Gegensatz zu einem direkten Halbleiter geben sie im angeregten Zustand in erster Linie Wärme und nur wenig Licht ab. Forscher­gruppen auf der ganzen Welt verfolgen daher intensiv das Ziel, die Materialeigenschaften von Germanium so zu manipulieren, dass es sich zur Verstärkung optischer Signale und damit als Laserquelle nutzen lässt.

Den Wissenschaftlern vom Jülicher Peter-Grünberg-Institut ist es nun erstmals gelungen, einen „echten“ direkten Gruppe-IV-Halbleiterlaser durch die Verbindung von Germanium und Zinn, das ebenfalls der vierten Hauptgruppe angehört, herzustellen. „Entscheidend für die optischen Eigenschaften ist der hohe Zinngehalt. Wir konnten erstmals über zehn Prozent Zinn in das Kristall­gitter einbauen, ohne dass es seine optische Güte verliert“, berichtet Doktorand Stephan Wirths. „Die Funktion des Lasers ist allerdings bisher auf tiefe Temperaturen von bis zu minus 183 Grad Celsius beschränkt, was in erster Linie daran liegt, dass wir mit einem nicht weiter optimierten Testsystem gearbeitet haben“, ergänzt Dan Buca.

Gemeinsam mit seinen Kollegen aus der Abteilung von Siegfried Mantl am PGI-9 hat Stephan Wirths den Laser direkt auf einem Silizium-Wafer aufgebracht, dessen Eigenschaften anschließend am Schweizer Paul-Scherrer-Institut vermessen wurden. Der Doktorand Richard Geiger hat die Laser-Strukturen dort hergestellt. „Damit konnten wir nachweisen, dass die Germanium-Zinn Verbindung optische Signale verstärken kann und darüber hinaus in der Lage ist, Laserlicht zu erzeugen“, berichtet Hans Sigg vom Labor für Mikro- und Nanotechnologie.

Für den Nachweis wurde der Laser optisch angeregt. Nun arbeiten die Jülicher Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Dan Buca daran, Optik und Elektronik noch stärker zu verschränken. Der nächste große Schritt ist jetzt, das Laser-Licht mit Strom zu erzeugen, möglichst ohne Kühlung. Ziel ist es, einen elektrisch gepumpten Laser zu fabrizieren, der bei Raumtemperatur funktioniert.

Sehen kann man den Laserstrahl mit dem bloßen Auge übrigens nicht. GeSn absorbiert und emittiert Licht im Wellenlängenbereich von drei Mikrometern. An dieser Grenze des nahen und mittleren Infrarotbereichs weisen auch viele Kohlenstoffverbindungen starke Absorptionslinien auf: Klimagase etwa oder Biomoleküle. Detektoren aus GeSn versprechen somit neue Möglichkeiten, diese Verbindungen nachzuweisen.

Von dem neuen Lasermaterial könnten daher neben Computerchips auch völlig neue Anwendungen profitieren, die aus Kostengründen bisher kaum verfolgt wurden: Gassensoren und implantierbare Chips für medizinische Anwendungen etwa, die mittels spektroskopischer Analyse Informationen über den Blut­zucker­spiegel und andere Parameter ermitteln. Kostengünstige und tragbare Sensorik, zum Beispiel in ein Smartphone integriert, könnte in Zukunft Echtzeitdaten von Stoffverteilungen in der Luft und im Boden liefern und damit einen Beitrag zum besseren Verständnis der Wetter- und Klimaentwicklung liefern.

FZ Jülich / DE

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