26.09.2018

Vom Reißbrett zur Startbahn

Aeronautischer Innovationspreis geht an das AGILE-Konsortium.

Moderne Passagierflugzeuge zu entwerfen ist ein komplexer Prozess, der die Zusammen­arbeit von Experten in einer Vielzahl von Disziplinen über Länder­grenzen hinweg benötigt. Unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raum­fahrt (DLR) hat sich ein Team von EU-finanzierten Forschern zusammen­gefunden, um den Flugzeug­entwicklungs­prozess zu vereinfachen und dabei effizienter, umwelt­freundlicher und kosten­günstiger zu gestalten. Das Forschungs­projekt mit dem Namen AGILE bekam am 13. September 2018 vom International Council of the Aeronautical Sciences (ICAS) den Award for Technical Innovations im Rahmen der ICAS2018 Konferenz in Belo Horizonte/Brasilien verliehen.

Abb.: Das AGILE-Konsortium bei der Preisübergabe (Bild: DLR)

„Vom Reißbrett bis zur Startbahn – zukünftige Passagier­flugzeuge entstehen in groß­angelegten multi­disziplinären Design­prozessen. Dabei arbeiten Menschen aus verschiedenen Unternehmen in verschiedenen Ländern zusammen", erklärt Rolf Henke, DLR-Vorstand für Luftfahrt­forschung und -technologie. „Die Heraus­forderung besteht aber darin, die unter­schiedlichen Kompetenzen, Fähigkeiten und Dienst­leistungen der verschiedenen Entwickler­teams optimal zu verzahnen und auf­einander abzu­stimmen."

Das EU-finanzierte Forschungs­projekt AGILE (Aircraft 3rd Generation MDO for Innovative Collaboration of Hetero­geneous Teams of Experts) hat 19 Partner aus neun Ländern aus Industrie, Forschung und Wissen­schaft zusammengebracht, um die komplexe Heraus­forderung der integrierten Produkt­entwicklung mit neuen Methoden der Zusammen­arbeit zu bewältigen und das mit großem Erfolg: Die im Projekt entwickelten Methoden und Abläufe für den Flugzeug­entwurf der Zukunft ermöglichen vierzig Prozent Zeit­ersparnis beim multi­disziplinären Flugzeug­design im inter­nationalen Team unter­schiedlicher Spezialisten.

Um kooperative Optimierungsprozesse zu entwickeln, haben die Projekt­partner zunächst einen digitalen Entwurfs­prozess für ein konventionelles Passagier­flugzeug aufgebaut. Dabei wird das Flugzeug in einem zentralen Daten­modell abgebildet. Alle Partner tragen zum gemeinsamen Entwurfs­prozess mit der Auslegung von Komponenten oder disziplinären Analysen bei. Dazu werden die Eingangs­daten für diese Beiträge sowie deren Ergebnisse automatisch über das Internet mit dem zentralen Daten­modell ausgetauscht. Im Projekt­verlauf ist dann strukturiert unter­sucht worden, wie sich die Zusammen­arbeit am besten orchestrieren lässt. Eine Heraus­forderung liegt dabei in Optimierungs­strategien für das Koppeln der Software­werkzeuge.

„Im Fokus stand die Frage, wie die beteiligten Wissen­schaftler über Firmen- und Länder­grenzen hinweg zusammen­arbeiten müssen, um die gekoppelten Software­werkzeuge gemeinsam effizient mit­einander anzuwenden", erklärt Björn Nagel, Gründungs­direktor des DLR-Instituts für System­architekturen in der Luft­fahrt. Die Projekt­partner haben die AGILE-Methoden überprüft, indem sie sechs unter­schiedliche, radikale Flugzeug­konfigurationen entworfen und optimiert haben. Beispiels­weise entwarfen und optimierten die Forscher gemeinsam eine Blended-Wing-Body- und eine Box-Wing-Konfiguration.

Dabei wurde insbesondere das Thema Nach­haltigkeit und Minimierung der Umwelt­einflüsse neuer Flugzeuge berück­sichtigt. „Die mithilfe von AGILE mögliche wett­bewerbs­fähigere Liefer­kette wird der Luft­fahrt­industrie helfen, neue innovative Flugzeuge und Komponenten deutlich schneller ein­zuführen und dabei die Produkt­entwicklungs­kosten zu senken, was zu niedrigeren Betriebs­kosten und einem kosten­günstigeren Luft­verkehrs­system führt " erklärt AGILE-Projekt­leiter Pier Davide Ciampa vom Hamburger DLR-Institut für System­architekturen in der Luftfahrt.

Die Projektergebnisse werden im Rahmen der AGILE Academy-Initiative Forschungs- und Bildungs­einrichtungen zur Verfügung gestellt. Schon heute nutzen mehr als zwanzig Forschungs­zentren, Universitäten und Industrie­unternehmen AGILE-Methoden außerhalb des Projekt­konsortiums. Die entwickelten AGILE-Methoden und Technologien beschränken sich dabei nicht nur auf die Luftfahrt, sondern haben Potential für verschiedene industrielle Bereiche, darunter beispielsweise in den Bereichen Raum­fahrt, Schiff­bau und Energie. Das AGILE-Projekt­konsortium wird seine Ergebnisse am 21. November 2018 im Zentrum für angewandte Luftfahrt­forschung (ZAL) in Hamburg öffentlich vorstellen.

DLR / DE

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