26.07.2011

Von Bällen und Schlägern

Bälle sind eines der beliebtesten Spielzeuge von Kindern und Erwachsenen. Aus physikalischer Sicht haben alle Ballspiele eines gemeinsam: mehr oder minder stark deformierbare Bälle kollidieren mit Oberflächen. Die Physik vollständig elastischer Kollisionen beinhaltet zwar nur recht elementare Physik. In der Praxis sind Kollisionen jedoch praktisch nie hundertprozentig elastisch, und außerdem laufen die Prozesse so schnell ab, dass Details nur mit Hochgeschwindigkeitsaufnahmen sichtbar werden.

Abb. 1 Vertikaler Aufschlag eines Tennisballs auf eine Tischplatte. Der Ball ist vor der Kollision schneller als danach. Die Kontaktzeit mit dem Boden betrug 4 ms.

Was passiert, wenn man einen Tennisball mit hoher Geschwindigkeit auf den Boden schlägt, zeigt die Serie von Bildern (Abbildung 1) [1]. Sie wurde mit einer Kamera vom Typ NAC mit 5000 Bildern pro Sekunde und einer Integrationszeit von 1/20000 Sekunde pro Bild gewonnen [2]. Ähnliche Aufnahmen sind auch mit preiswerten Casio-Kameras möglich (ein Video dazu finden Sie hier).

Die Auswertung der Bilder erlaubt einige quantitative Schlussfolgerungen. So findet man eine Geschwindigkeit von 21,3 m/s vor dem Stoß (Ekin= 13,2 J) und 10,8 m/s (Ekin= 3,4 J) nach der Kollision mit der Tischplatte (Profis erzielen bis zu dreifach höhere Geschwindigkeiten). Hier wurde eine Masse von 58,2 g verwendet. Die Kontaktzeit mit der Unterlage betrug etwa 4 ms, wobei die maximale Kompression des Balls mit starker Verformung bereits 1,6 ms nach Beginn des Kontakts auftrat. Zu diesem Zeitpunkt betrug die vertikale Ausdehnung des Balls nur noch 41 der ursprünglichen 64 mm! Mehr zur Theorie von Tennisbällen findet sich in [3, 4].

Die Differenz der kinetischen Energien von hier immerhin knapp 10 J wird letztlich in Erwärmung des Balls und der Unterlage überführt. Mit dieser Energie könnte man 1 cm3 Wasser um 2,5 K oder 1 cm3 Glas um etwa 6 K erwärmen. Bei Ballkollisionen wird immer nur ein sehr kleines Kontaktvolumen erwärmt, weshalb noch größere Temperaturerhöhungen auftreten können, bevor die Energie wieder abtransportiert wird. Unterlagen können sich deshalb über den Zeitraum von etlichen Sekunden um einige Kelvin erwärmen, wie Infrarotkameras zeigen. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel der Erwärmung des Bodens, ähnlich ist auch die Erwärmung des Balls mit Highspeed-Aufnahmen im Infraroten nachweisbar [5].

Ein Tennisball erhält seine Anfangsgeschwindigkeit durch Kollision mit der Bespannung eines Tennisschlägers. Das Zeitlupenvideo eines Aufschlags finden Sie hier. Der Ball befindet sich darin vor dem Schlag in freiem Fall. Man kann deutlich die Verformung der Schlägerbespannung während der etwa 3 ms langen Kontaktzeit sehen.

Auch andere Bälle verhalten sich prinzipiell ähnlich wie Tennisbälle, allerdings führen die je nach Ball unterschiedlichen elastischen Eigenschaften durch das Material, den Innendruck usw. zu Unterschieden in Verformungen, Energieübertrag oder Kontaktzeiten.

Auch hierzu eine Abschätzung. Der Tischtennisball (Masse 2,5 g, Durchmesser 40 mm) hatte vor der Kollision eine Geschwindigkeit von 16,6 m/s (Ekin= 0,35 J) und 11,1 m/s (Ekin= 0,15 J) danach. Die Kontaktzeit mit dem Boden betrug nur 0,8 ms (Video).

Bei dem Basketball (Masse 598,7 g, Durchmesser 239 mm) schrumpfte der vertikale Durchmesser auf 88 % des ungestörten Werts. Der Ball hatte vor der Kollision eine Geschwindigkeit von 10,0 m/s (Ekin= 29,9 J) und 7,0 m/s (Ekin= 14,7 J) danach. Die Kontaktzeit mit dem Boden betrug 10,8 ms (Video). Im Vergleich zu dem Tennisball hat der Tischtennisball weniger kinetische Energie und der Basketball mehr. Hierin spiegeln sich in erster Linie die unterschiedlichen Massen, aber auch die erreichbaren Geschwindigkeiten wider. Der in Erwärmung umgesetzte Anteil hängt von den elastischen Eigenschaften ab und variiert zwischen 50 % beim Basketball und 75 % beim Tennisball.

Abb. 2 Die Infrarotaufnahme zeigt die Erwärmung des Kontaktpunkts des Tennisballs mit der Unterlage. Der ebenfalls erwärmte Ball führt wegen seiner hohen Geschwindigkeit während der Aufnahmezeit zu einem hellen Streifen.

[1] M. Vollmer, K.-P. Möllmann, Phys. Ed. 2011 (accepted).
[2] M. Vollmer, K.-P. Möllmann, Phys. Unserer Zeit 2011, 42 (3), 150.
[3] H. Brody,The Physics Teacher 1984, 22, 494; 1990, 28, 407; Am. J. Phys. 1979, 47, 482; 1981, 49, 816.
[4] R. Cross, Am. J. Phys. 2002, 70, 1093; The Physics Teacher 2010, 48, 450.
[5] M. Vollmer, K.-P. Möllmann, Infrared thermal imaging- fundamentals, research and applications, Wiley-VCH, Weinheim 2010.

Michael Vollmer, Klaus-Peter Möllmann, FH Brandenburg

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