Vor 40 Jahren kam der Mond nach Deutschland
Vor genau 40 Jahren, am 18. September 1969 trafen die ersten Proben des Mondgesteins in Deutschland ein - weniger als zwei Monate, nachdem Neil Armstrong und Edward Aldrin sie auf dem Mond gesammelt hatten
Wenige Wochen nach der erfolgreichen Weltraummission Apollo 11 mit den ersten Menschen auf dem Erdtrabanten erhielten Wissenschaftler unter anderem in Mainz, Heidelberg, Tübingen und Köln Proben des Mondgesteins von der US-Weltraumbehörde NASA. 105,9 Gramm - und damit die mit Abstand größte Menge - gingen an das Max-Planck-Institut für Chemie nach Mainz. In weniger als zwei Tagen war ein Forscher aus Rheinland-Pfalz nach Houston/Texas und zurück gejettet, um die wertvolle Probe im Handgepäck zu holen. Gleich nach der Ankunft, am Abend des 18. September 1969, begannen die Wissenschaftler mit der Arbeit.
Abb.: 10049: Die Probe mit der Nummer 10049 wiegt ca. 193 Gramm und besteht aus Ilmenit Basalt und hat einen hohen Anteil an Kalium. Sie ist etwa 3,5 Milliarden Jahre alt und war für etwa 20 Millionen Jahre der kosmischen Strahlung ausgesetzt. Das MPI untersuchte Teile der Probe auf Zusammensetzung, Strahlungsalter, seltene Gase und deren Isotopenverteilung. (Bild: NASA)
Friedrich Begemann war als 42-Jähriger dabei, als die ersten Proben vom Mond in der Abteilung für Isotopenkosmologie ankamen. «Das Material war sehr dunkel», erinnert er sich. Die Experten des MPI hatten sowohl Mondstaub als auch Gestein von der NASA überlassen bekommen - und zwar in der größten Menge außerhalb der USA. Dies lag sicher auch an den guten Ergebnissen, die die Wissenschaftler bei der Meteoriten-Forschung vorweisen konnten. An diesem extraterrestrischen Material seien alle Messungen verfeinert und geübt worden. «Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, an dem Mondgestein neue Methoden auszuprobieren», betont Begemann.
Dazu waren die Proben viel zu kostbar. Sie wurden in einem Tresor aufbewahrt, das Institut musste der NASA schriftlich zusichern, kein Material zu verkaufen. Um das Mondgestein untersuchen zu können, durften die Forscher jedoch nicht so pingelig sein. «Das wurde mit einem starken Hammer von starken Mitarbeitern zertrümmert», berichtet Begemann. Dann begannen im Labor die verschiedenen Messungen - die Erstaunliches zutage brachten. «Der Mond war ganz anders, als alle erwartet hatten», erzählt der 82-Jährige, der immer noch täglich im Institut arbeitet.
Viele Experten dachten, der Mond sei ein primitiver Körper und stamme mit einem Alter von rund 4,5 Milliarden Jahren aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems. Die Forscher hatten sich erhofft, mit Hilfe des Mondgesteins mehr Informationen über diese Zeit zu bekommen. «Aber es stellte sich heraus, dass der Mond "nur" 3,5 Milliarden Jahre alt ist und über diese ersten Milliarden Jahre keine Informationen liefern kann.» Durch die Chance, Mondgestein direkt zu untersuchen, entwickelten Forscher die bis heute gültige Theorie, dass der Mond durch einen Einschlag eines etwa marsgroßen Körpers sozusagen aus der Erde herausgesprengt wurde.
Zu diesem Ergebnis kamen die Kosmos-Forscher allerdings erst nach mehreren Jahren. Die MPI-Wissenschaftler erhielten immer wieder Proben von Gestein, das Apollo-Missionen mitbrachten - aber auch von russischen Expeditionen, die mit automatischen Mondsonden Gestein holten. Die Proben beider Missionen stimmten so gut überein, dass dies der Verschwörungstheorie, die Amerikaner seien nur im Hollywood- Studio auf dem Mond gewesen, den Todesstoß versetze, sagt Begemann. «Es sei denn, man geht davon aus, dass die Russen mitgespielt haben.» Inzwischen liege im Mainzer MPI kein Mondgestein mehr. «Wir haben alles aufgebraucht.»
DPA / Max-Planck-Institut für Chemie
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