Vorhang auf für junge Sterne
Europäische Südsternwarte veröffentlicht beeindruckende Aufnahme einer riesigen Sternen-Kinderstube.
Die Europäische Südsternwarte hat ein neues, beeindruckendes Bild einer riesigen Sternen-Kinderstube rund um den Sternhaufen NGC 3603 veröffentlicht, das mit Very Large Telescope (VLT) aufgenommen wurde. NGC 3603 ist einer der hellsten kompakten Sternhaufen der Milchstraße und enthält eine Vielzahl junger, massereicher Sterne. Die ihn umgebenden Gas- und Staubwolken beherbergen sowohl das erdnächste aktive Sternentstehungsgebiet als auch den massereichsten bislang bekannten Stern unserer Heimatgalaxie.
Abb.: NGC 3603 und das umgebende Sternentstehungsgebiet (Bild: ESO)
Aus den Gas- und Staubwolken um NGC 3603 bilden sich laufend neue Sterne. Solche hochaktiven Sternenstehungsgebiete kennen die Astronomen vornehmlich aus fernen Galaxien, können sie dort allerdings aufgrund der großen Entfernung nicht im Detail untersuchen. Das Sternentstehungsgebiet um NGC 3603 ist mit einer Entfernung von 22.000 Lichtjahren das erdnächste Beispiel einer solchen Region; aus den hier möglichen detaillierten Untersuchungen gewinnen die Astronomen wichtige Erkenntnisse, die sich auf die entfernteren Vertreter der Gattung übertragen lassen.
Die Form des Nebels kommt durch die intensive Strahlung und durch die Teilchenströme der jungen, massereichen Sterne zustande, die er enthält. Sie treiben die Gas- und Staubwolken auseinander und geben so den Blick auf eine Vielzahl hell leuchtender Sterne im Inneren frei. Die Zentralregion des Sternhaufens NGC 3603 enthält tausende von Sternen aller Art. Die meisten davon davon besitzen weniger oder genau soviel Masse wie die Sonne. Den spektakulärsten Anblick bieten allerdings die besonders massereichen Sterne des Haufens, die dem Ende ihres Lebens zugehen: mehrere blaue Überriesen, die sich in einer Raumregion mit einem Volumen von weniger als einem Kubiklichtjahr zusammendrängen, und drei so genannte Wolf-Rayet-Sterne - besonders helle und massereiche Sterne, die große Mengen an Materie in den Weltraum schleudern, bevor sie als Supernova explodieren. Vorangehende Beobachtungen mit dem SINFONI-Instrument am VLT der ESO haben gezeigt, dass einer dieser Sterne mehr als 120 Mal soviel Masse besitzt wie die Sonne - der massereichste Stern, den wir in unserer Heimatgalaxie kennen.
Die Aufnahmen zeigen eine Art "Familienfoto" mit Sternen in allen Entwicklungsstadien - von neu geborenen und jungen bis hin zu erwachsenen Sternen und solchen, die sich dem Ende ihres Lebens nähern. Dabei haben alle diese Sterne in etwa das gleiche Alter von rund einer Million Jahren - verglichen mit dem Alter unserer Sonne und unseres Sonnensystems (rund 5 Milliarden Jahre) ein bloßer Augenblick in der Geschichte des Kosmos. Dass sie sich trotz des einheitlichen Alters in so unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden, liegt an ihren stark unterschiedlichen Massen: Massereiche Sterne brennen heiß und sehr hell, und sie haben ihren Kernbrennstoff in viel kürzerer Zeit verbraucht als ihre weniger massereichen, kühleren und weniger hellen Geschwister.
Das neu veröffentlichte Bild wurde mit dem FORS-Instrument am VLT auf dem Cerro Paranal in Chile aufgenommen. Es zeigt den Sternhaufen samt seiner Umgebung, und macht insbesondere die Details der strukturreichen Gas- und Staubwolken sichtbar.
Max-Planck-Institut für Astronomie
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