Wer die ultraschnelle Bewegung von Elektronen in inneren atomaren Schalen beobachten möchte, der benötigt ultrakurze und intensive Lichtblitze bei genügend hoher Photonenenergie. Seit über 15 Jahren wird weltweit daran gearbeitet, genau das zu erreichen. Forscher der Uni München und des MPI für Quantenoptik in Garching haben es jetzt geschafft, diese Bedingungen zu erfüllen. In ihrem Experiment konnten sie erstmals die nichtlineare Wechselwirkung eines Attosekundenpulses mit Elektronen aus einer inneren Atomschale beobachten. Möglich wurde dieser Fortschritt durch eine neu entwickelte Quelle für Attosekunden-Lichtblitze.
Abb.: Nachdem zwei Photonen eines Attosekunden-Lichtblitzes (lila) ein Xenonatom getroffen haben, lösen sich mehrere Elektronen (kleine grüne Kugeln). Das Atom wird ionisiert. Diese Zwei-Photonen-Interaktion wird durch neue Attosekunden-Technologie möglich. (Bild: C. Hackenberger)
Das experimentelle Verfahren zum Filmen der Elektronenbewegung ist als „Pump-Probe-Verfahren“ bekannt. Dabei wird das Atom mit einem Photon aus einem ersten kurzen Pump-Puls zu einer Bewegung angeregt und nach kurzer Verzögerung mit einem weiteren Photon aus einem Probepuls fotografiert. Damit das funktioniert, müssen die Photonen so dicht gepackt sein, dass das Atom zweimal hintereinander getroffen werden kann. Um Elektronen in inneren atomaren Schalen erreichen zu können, muss die Photonenenergie zudem im oberen Bereich des extremen ultravioletten Lichtspektrums liegen. Bis jetzt war es nicht gelungen, Attosekundenpulse in diesem Spektralbereich mit einer genügend großen Anzahl an Photonen zu erzeugen.
Die neue Technologie basiert auf der Hochskalierung herkömmlicher Quellen für Attosekunden-Lichtblitze. Der dazu notwendige Hochleistungslaser, entwickelt von einem Team um Laszlo Veisz, erzeugt infrarote Laserpulse mit nur einigen Wellenzyklen und rund hundert Mal mehr Photonen pro Puls als in herkömmlichen Systeme. Um einen Faktor 100 größer sind dem entsprechend auch die Photonenzahlen der damit erzeugten Attosekundenpulsen.
In einem ersten Experiment ließen die Forscher die hochenergetischen Attosekundenpulse auf Xenon-Atome treffen. Gelangen die Photonen zu den inneren Elektronen der Xenon-Atome, schlagen sie Elektronen heraus und ionisieren die Atome. Mithilfe eines Ionenmikroskops zur Detektion der erzeugten Ionen konnten die Wissenschaftler erstmals eine Wechselwirkung von zwei Photonen aus einem Attosekundenpuls mit Elektronen aus inneren atomaren Schalen beobachten. Bisher war in der Attosekundenphysik nur die Interaktion eines einzelnen XUV-Photons mit Innerschalen-Elektronen möglich.
„Die zwei XUV-Lichtblitze ermöglichen es, Elektronenbewegung im Inneren der Atome zu filmen, ohne diese zu beeinträchtigen“, erklärt Boris Bergues, der Leiter der Experimente. Bisher regte man Elektronen in inneren Atomschalen mit einem einzigen Photon aus einem XUV-Attosekunden-Lichtblitz an und fotografierte anschließend das Geschehen mit einem längeren infraroten Lichtpuls. Dabei beeinflusste man allerdings die Elektronenbewegung beträchtlich. „Die Elektronendynamik in den inneren Schalen ist besonders spannend, weil sie durch ein komplexes Zusammenspiel mehrerer wechselwirkender Elektronen gekennzeichnet ist“, erklärt Bergues. „Diese Dynamik wirft noch sehr viele Fragen auf, denen wir nun mit der neu geschaffenen Lasertechnik nachgehen können.“ Als nächstes planen die Wissenschaftler ein Experiment in dem sie den intensiven Attosekundenpuls jeweils in ein Pump- und ein Probepuls aufspalten, um damit die beobachtete Interaktion zeitlich aufzulösen.
MPQ / RK