Wärmebilder auf der Nanoskala
Supraleitender Temperaturfühler eröffnet neue Einblicke in die Quantendissipation.
Forscher um Eli Zeldov vom Weizmann Institute in Israel haben ein Verfahren entwickelt, mit dem man die Wärme, die in stromdurchflossenen Nanostrukturen entsteht, mit sehr großer Empfindlichkeit und hoher Ortsauflösung sichtbar machen kann. Damit lässt sich erkennen, wo die Elektronenenergie in Gitterschwingungen und damit in Wärme umgewandelt wird. Der neue Temperatursensor besteht aus einem supraleitenden Bauelement, einem Superconducting Quantum Interference Device, kurz SQUID, das auf der scharfen Spitze einer gezogenen Glaspipette sitzt. Das SQUID hat einen Durchmesser von 46 Nanometern und enthält Josephson-
Abb.: Wärmebild einer stromdurchflossenen Kohlenstoffnanoröhre. Die konzentrischen Kreise gehen auf Resonanzen von quantenpunktartigen Störstellen zurück. (Bild: D. Halbertal et al. / NPG)
Für Temperaturen unterhalb von 7,2 Kelvin, wenn das Blei supraleitend geworden ist, kann man mit dem SQUID nicht nur Magnetfelder sehr empfindlich messen sondern auch Temperaturen. Dabei nutzt man aus, dass die kritische Stromstärke, bei der das tiefgekühlte Blei seine Supraleitfähigkeit verliert, empfindlich von der Temperatur abhängt.
Indem die Forscher das SQUID in einem Abstand von 35 bis 150 Nanometern über eine Oberfläche aus Siliziumoxid führten, die auf eine Temperatur von 4,2 bis 7,2 Kelvin gekühlt und mit Helium begast wurde, konnten sie eine Temperaturkarte dieser Oberfläche aufnehmen. Anhand des Heliumgasdrucks von einigen Millibar ließ sich regulieren, wie gut die Wärme von der Oberfläche zum SQUID transportiert wurde. Befand sich auf der Oberfläche eine stromdurchflossene Nanostruktur, so zeigte die aufgenommene Temperaturkarte, wo in dieser Struktur die Wärme erzeugt wurde.
So waren auf dem Wärmebild einer Kohlenstoffnanoröhre, durch die ein elektrischer Strom von einigen Nanoampere floss, mehrere von konzentrischen Kreisen umgebene Stellen zu erkennen, die deutlich wärmer waren als ihre Umgebung. Die Forscher führen dies auf Störstellen in der Nanoröhre zurück, die sich wie Quantenpunkte verhalten. In ihnen wird die Energie der Leitungselektronen bevorzugt in Wärme umgewandelt, wobei je nach der Position des SQUID unterschiedliche Resonanzen auftreten können. Bei einer anderen Röhre, die eine Schlaufe bildete, blieb diese im Wärmebild dunkel: Offenbar floss in der Schlaufe kein Strom, weil dort, wo sich die Röhre selbst berührte, ein Kurzschluss auftrat.
Abb.: Wärmebild einer stromdurchflossenen Struktur aus Graphen. Die Wärme entsteht durch Resonanzzustände am Rand der Graphenschicht. (D. Halbertal et al. / NPG)
Ein anderes Beispiel ist das Wärmebild einer mehrere Mikrometer großen Struktur aus Graphen. Sie hatte die Form einer Kreisscheibe mit konzentrischem Loch und besaß am Rand Anschlüsse für den elektrischen Strom. Diesmal traten die heißen Stellen, an denen Dissipation stattfand, an den Rändern der Graphenschicht auf. Jede dieser nebeneinander liegenden Wärmequellen war von einem einzelnen Ring erhöhter Temperatur umgeben, sodass das Ganze wie eine Perlenkette aussah. Für die heißen Stellen machen die Forscher Resonanzzustände verantwortlich, die am Rand der Graphenschicht lokalisiert waren. Da hier nur einzelne Resonanzen auftraten, zeigte das Wärmebild auch nur einzelne Ringe.
Wie schneidet der neue Temperaturfühler, den die Forscher Thermometer SQUID-
Der Temperaturbereich zwischen 4,2 und 7,2 Kelvin, in dem tSOT bisher betrieben werden kann, ließe sich nach oben und nach unten ausdehnen, indem man für das SQUID einen Supraleiter mit höherer Sprungtemperatur verwendet beziehungsweise für den Wärmetransport Helium-3 statt Helium-4 benutzt. Bertrand Halperin von der Harvard University, der nicht an der Entwicklung von tSOT beteiligt war, meinte, dass die neue Technik aufregende Möglichkeiten eröffnet, dissipative Prozesse zu beobachten und zu verstehen, die von Nanodefekten in zahlreichen Geräten verursacht werden.
Rainer Scharf
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