05.09.2016

Wärmepumpe nutzt elektrokalorischen Effekt

Erster Prototyp mit dünnen Streifen aus Gedächt­nis­metall ge­fertigt.

Auf die Veränderung elektromagnetischer Felder reagieren magneto- und elektro­kalorische Materi­alien mit einer Tempe­ratur­änderung. Forscher aus Däne­mark haben jetzt eine erste Wärme­pumpe kon­stru­iert, die den elasto­kalo­rischen Effekt bei Gedächt­nis­metallen aus­nutzt. Der Proto­typ erreicht eine hohe Effi­zienz und legt die Grund­lage für neu­artige Kälte­maschinen, die ohne den Kom­pressions­kreis­lauf ver­dampfender und wieder konden­sierender Kälte­mittel aus­kommen könnten.

Abb.: Prototyp einer effi­zienten Wärme­pumpe, in dessen Innern Gedächt­nis­metall über Deh­nungen und Ent­las­tungen ein Tempe­ratur­poten­zial er­zeugt. (Bild: J. Tušek et al., TU Däne­mark)

Schon vor einem Jahr schlugen Janez Tušek und seine Kollegen von der TU Däne­marks in Roskilde die elasto­kalo­rische Alter­native zur konven­tionellen Kühl­technik vor. Damals berech­neten sie die Leistung auf etwa tausend Watt pro Kilo­gramm Gedächt­nis­metall. Diesen Wert konnten sie jetzt auch in der Praxis mit acht­hundert Watt pro Kilo­gramm fast erreichen. Beim elasto­kalo­rischen Effekt mit einer Nickel­titan-Legierung reagiert das Material wie erwartet mit einer deut­lichen Tempe­ratur­änderung.

In den Simulationen bezifferten die Forscher die Kühl­leistung der Legierung auf etwa sieben Kilo­watt pro Kilo­gramm. Dabei wären acht Verformungs­zyklen pro Sekunde mit einer Dehnungs­kraft von 180 Kilonewton nötig, um einen iso­lierten Innen­raum um 25 bis 30 Kelvin abzu­kühlen. Auf nur 4,3 Kilo­watt pro Kilo­gramm kam in den Modellen dagegen ein Gedächt­nis­metall aus einer Kupfer-Zink-Aluminium-Legierung. Die Leistung des Proto­typs liegt etwas darunter, da die Forscher die Frequenz der Dehnungs­zyklen aus prak­tischen Gründen dras­tisch redu­zierten.

Für den Prototyp spannte Tušek jeweils nur ein Fünftel Milli­meter dünne Streifen aus dem Gedächt­nis­metall in eine Spann­vor­richtung ein, um es regel­mäßig bis zu fünf­zehn Mal pro Minute um bis zu vier Prozent zu dehnen und wieder zu ent­lasten. Bei diesem zyk­lischen Dehnungs­prozess wechselt das Gedächt­nis­metall zwischen einer kubischen Austenit-Struktur und einer meta­stabilen Martensit-Phase. Verliert das kristalline Material seine kubische Austenit-Struktur, heizt es sich ein wenig auf. Umge­kehrt kühlt es sich wieder ab, wenn die Legierung ohne äußere An­spannung wieder seine Ursprungs­form annimmt.

Abb.: Diese Infrarotaufnahme der Wärme­pumpe aus Gedächt­nis­metall zeigt deut­lich die Tempe­ratur­diffe­renz, die sich nach mehr­fachem Dehnen und Ent­spannen ent­wickelt. (Bild: J. Tušek et al., TU Däne­mark)

Nach einigen reversiblen Dehnungen konnten die Forscher an den Enden der Metall­streifen eine Tempe­ratur­differenz von 15,3 Kelvin messen. Diese beiden Bereiche, einmal etwa 35 Grad Celsius warm, einmal 18 Grad Celsius kühl, ver­knüpften sie mit kleinen Kanälen, durch die zyk­lisch eine Flüssig­keit erwärmt und wieder abge­kühlt werden konnte. Zwischen den beiden Reser­voiren wurde die Flüssig­keit in einem Kreis­lauf gepumpt. So wirkt dieser Proto­typ wie eine effi­ziente Wärme­pumpe mit einer Leistung von bis zu acht­hundert Watt pro Kilo­gramm Gedächt­nis­metall.

Der Prototyp lässt sich noch nicht direkt als Kühl­aggregat ein­setzen, da der Tempe­ratur­bereich noch ein wenig über dem für einen Kühl­schrank gewünschten liegt. Doch mit anderen Nickel­titan-Legie­rungen könnte der Arbeits­bereich ange­passt werden, um eine Flüssig­keit von Raum­tempe­ratur auf etwa fünf Grad Celsius abzu­kühlen. Diese Kälte ließe sich über einen Wärme­tauscher auf das Innere eines Kühl­schranks über­tragen.

Andere Experimente zeigten bereits, dass dünne Streifen aus Gedächt­nis­metall sogar viele Millionen Ver­for­mungen unbe­schadet über­stehen können. Damit wären Kühl­module möglich, die mehrere Jahre zuver­lässig funk­tio­nieren. Der Strom­bedarf für die mecha­nischen Verfor­mungen – etwa mit kleinen Elektro­motoren – läge gemäß den theore­tischen Abschätzungen der Forscher deutlich unter dem, der für die zyk­lische Verdampfung und Ver­flüssi­gung eines Kälte­mittels in konven­tionellen Kälte­maschinen nötig wäre.

Jan Oliver Löfken

RK

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