06.11.2018

Wärmespeicher Ozean

Die Meere haben in den vergangenen 25 Jahren deutlich mehr Wärme aufgenommen als bisher vermutet.

Der Ozean wirkt im Klima­system der Erde wie ein gewaltiger Puffer. Er nimmt Gase, aber auch Wärme­energie aus der Atmo­sphäre auf, verteilt sie in seinen Tiefen und verlangsamt so Veränderungen des Gesamtsystems Erde. Die Menge der vom Ozean absor­bierten Energie ist daher auch ein Hinweis auf die insgesamt vom Planeten Erde aufge­nommene Wärme. Mit einer ganz neuen Methode haben Forscher der Scripps Institution of Oceano­graphy, Univer­sity of California, San Diego, der Princeton Univer­sity und des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozean­forschung in Kiel zusammen mit Kollegen aus Frankreich und China die bisherigen Berech­nungen der Wärmeaufnahme des Ozeans überprüft. „Dabei zeigte sich, dass die Erwärmung offen­sichtlich am oberen Ende dessen liegt, was ältere Abschät­zungen vermuten ließen“, sagt Andreas Oschlies vom Geomar.

Abb.: Der Ozean hat in den vergangenen 25 Jahren mehr Wärmeenergie aus der Atmosphäre aufgenommen als weitgehend angenommen. (Bild: J. Steffen, Geomar, CC-BY 4.0)

Um den Gesamt­wärmegehalt der Ozeane zu berechnen, nutzte die Forschung bislang Millionen von Messungen der Wasser­temperatur. Viele der Daten stammen von autonomen Mess-Sonden, den Argo-Floats. Mehrere tausend davon treiben mit den Strömungen durch die Meere und messen dabei Temperatur und Salzgehalt des Wassers. „Das Argo-Programm hat aber erst 2007 eine wirklich globale Abdeckung erreicht. Außerdem decken die Floats nur das obere Viertel des Ozeans ab“ erklärt Oschlies. Für die neue Studie verwen­deten Laure Resplandy von der Princeton Univer­sity und die anderen Beteiligten nun keine Messungen im Ozean, sondern erstmals hoch­präzise Messungen von Sauerstoff und Kohlen­dioxid in der Atmo­sphäre. Stationen rund um den Globus führen diese schon seit einigen Jahrzehnten durch.

Das Verfahren beruht auf der Tatsache, dass Sauerstoff und Kohlen­dioxid in wärmerem Wasser weniger löslich sind. Während sich der Ozean erwärmt, werden die Gase an die Atmo­sphäre abgegeben. „Wenn man andere Einflüsse, wie die Zunahme des CO2-Gehalts aufgrund anthro­pogener Emissionen, aber auch das erhöhte Algen­wachstum durch verstärkten Eintrag von Dünger in den Ozean heraus­rechnet, ist die kombinierte Menge an Sauerstoff und Kohlen­dioxid in der Luft ein guter Indikator für die im Ozean gespeicherte Menge Wärme“, erklärt Oschlies. Getestet wurde die Methode zunächst anhand von Simu­lationen mit vier verschiedenen Erdsystem­modellen. In ihnen stimmte die aus atmo­sphärischen Sauerstoff- und CO2-Konzen­trationen berechnete Wärme­aufnahme mit der vom Computer­modell simulierten Erwärmung des Ozeans sehr gut überein. „Im Rahmen der Arbeit des Sonder­forschungs­bereichs 754 zu Sauerstoff­minimumzonen in den tropischen Ozeanen haben wir unser Modell über die vergan­genen zehn Jahre besonders gut für die Simulation der Sauerstoff­verteilung im Ozean geeicht“, erklärt Wolfgang Koeve. Die Modelle bestätigten die Berech­nungen mit der neuen Methode.

Die neue Berechnung der Wärme­aufnahme des Ozeans liege mehr als sechszig Prozent über dem Wert des jüngsten Berichts des Weltklima­rates IPCC und damit am obersten Ende aller bisher erfolgten Abschät­zungen, erklärt Laure Resplandy. Eine so starke Erwärmung des Ozeans deute darauf hin, dass die Erde empfind­licher auf Emissionen von fossilen Brenn­stoffen reagiere als bisher angenommen, ergänzt Oschlies. „Dieses Ergebnis zeigt leider auch, dass wir die Emissionen von CO2 noch schneller und in noch erheb­licherem Umfang als im Bericht des Weltklima­rats gefordert reduzieren müssen, wenn wir die globale Erwärmung auf zwei oder sogar anderthalb Grad Celsius beschränken und damit die versprochenen Klima­ziele einhalten wollen“, fasst der Kieler Forscher zusammen.

Geomar / JOL

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